Internationaler Aufruf: Stoppt die unkontrollierte Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen!

Breites Bündnis startet Appell an Vertragsstaaten des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt (CBD) und des Cartagena-Protokolls
Freitag, 16. May 2014

Heute veröffentlicht ein breites internationales Bündnis einen Aufruf, die unkontrollierte Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen zu stoppen. Die Initiative fordert insbesondere internationale Verbote der Freisetzung von gentechnisch veränderten Pflanzen, falls diese sich unkontrolliert ausbreiten können oder es zu einer Anreicherung mit Transgenen im Saatgut der Ursprungsregionen unserer Nutzpflanzen kommen kann. Die Organisationen fordern die Mitgliedsländer der Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) und des Cartagena-Protokolls auf, jetzt aktiv zu werden. Denn nach dem Wortlaut des Cartagena-Protokolls, das Teil der CBD ist, muss die biologische Vielfalt vor einer länderübergreifenden, unkontrollierten Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen geschützt werden.

Der Aufruf wird u. a. von folgenden Organisationen unterstützt: Asociándote a Ecologistas en Acción (Spanien), Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Dachverband Kulturpflanzen- und Nutztiervielfalt, Die Bäcker.Zeit für Geschmack, Econexus, Ecoropa, ETC-Group, European Network of Scientists for Social and Environmental Responsibility (ENSSER), Friends of the Earth, Europe (FOE), Gen-ethisches Netzwerk (GeN), Gesellschaft für ökologische Forschung, Greenpeace International, IG Saatgut, Red de Semillas (Spanien), Save our Seeds, Testbiotech, Third World Network (TWN) Unión de Científicos Comprometidos con la Sociedad, UCCS (Mexiko) und Zukunfsstiftung Landwirtschaft.

„Inzwischen sind bereits mehrere Beispiele für die unkontrollierte Ausbreitung gentechnisch veränderter Pflanzen in der Umwelt dokumentiert: Baumwolle in Mexiko, Raps in Nordamerika, Japan, Australien und der Schweiz sowie Gräser in den USA. Darüber hinaus wurden wiederholt Transgene in regionalen oder ursprünglichen Sorten gefunden, so zum Beispiel in mexikanischem Mais und in Reis aus China“, sagt Elena Álvarez-Buylla aus Mexiko. „Es besteht das Risiko, dass wir die ursprüngliche biologische Vielfalt der Nutzpflanzen nicht erhalten können, weil sich die Entwicklungsdynamik in wilden Populationen und den ursprünglichen Sorten verändert.“ Elena Alvarez-Buylla ist eine führende mexikanische Biologin, die sich zur Zeit auf Vortragsreise in Europa befindet; sie ist zudem Mitglied der Wissenschaftlervereinigung Unión de Científicos Comprometidos con la Sociedad, UCCS (Mexiko). Sie war an verschiedenen Projekten beteiligt, bei denen nachgewiesen wurde, dass sich in Mexiko gentechnisch veränderte Pflanzen in regionalen Sorten und natürlichen Populationen ausbreiten.

Das Third World Network (TWN) verfolgt die Verhandlungen zum Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit seit vielen Jahren. Die internationale Organisation warnt vor den langfristigen Folgen einer unkontrollierten Ausbreitung von Transgenen in der Umwelt: „Das internationale Cartagena-Protokoll verlangt, dass das Risiko für eine unbeabsichtigte Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen über die Landesgrenzen ausgeschlossen oder minimiert wird. Die steigende Zahl von Fällen unkontrollierter Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen verstärkt aber das Risiko einer grenzüberschreitenden Ausbreitung erheblich“, sagt Lim Li Ching für TWN. „Zudem kann das Vorsorgeprinzip nur dann umgesetzt werden, wenn gentechnisch veränderte Organismen im Notfall auch wieder aus der Umwelt entfernt werden können. Das aber ist unmöglich, sobald sich die Organismen z.B. in natürlichen Populationen verbreiten oder sich im Saatgut anreichern.“

Die internationale ETC Group warnt vor den technischen Ansätzen, die in diesem Zusammenhang von der Industrie und manchen Regierungen propagiert werden, um gentechnisch veränderte Pflanzen unfruchtbar zu machen: „Die Terminator-Technologie, durch die Saatgut per Gentechnik steril gemacht werden kann, wird von der Industrie als Maßnahme zum Schutz der Umwelt propagiert. In Wirklichkeit aber soll es so vor allem Landwirten unmöglich gemacht werden, ihr eigenes Saatgut zu vermehren. Es gibt wissenschaftliche Untersuchungen, die zeigen, dass Terminator-Pflanzen sich nicht wie vorhergesagt verhalten und zusätzliche Risiken verursachen. Die CBD hat diese Technologie wegen ihrer Risiken für die Biodiversität und die Landwirte mit einem Moratorium belegt. Trotzdem überlegen einige Regierungen, derartige Pflanzen freizusetzen“, sagt Silvia Ribeiro, Direktorin der ETC Group für Lateinamerika.

Die Organisationen, die den Aufruf gestartet haben, wollen jetzt weitere Unterstützer mobilisieren und das Thema auf die Tagesordnung eines Treffens der Mitgliedsländer des Cartagena-Protokolls bringen. Die Delegationen dieser Länder treffen sich September/Oktober 2014 in Südkorea.

Die Veröffentlichung des Aufrufs fällt auf einen besonderen Tag: Vor genau 25 Jahren, am 16. Mai 1989, wurde in Deutschland zum ersten Mal ein Freisetzungsversuch mit gentechnisch veränderten Pflanzen genehmigt. Damals wurden in Köln gentechnisch veränderte Petunien angepflanzt. Der Versuch zeigte schon damals, wie unberechenbar die Gentechnik ist: Bei höheren Temperaturen wechselten die Blütenblätter spontan ihre Farbe.

Kontakt: 

Christoph Then, Testbiotech, Tel. +4915154638040, info@testbiotech.org

Elena Álvarez-Buylla, Laboratorio de Genética Molecular, Desarrollo y Evolución de Plantas
Instituto de Ecología (Dpto de Ecología Funcional), México, eabuylla@gmail.com

Lim Li Ching, Third World Network, Tel. +60379555220, twnkl@twnetwork.org

Silvia Ribeiro, ETC Group Latin America Director, grupoetc@etcgroup.org