Der EU-Gerichtshof (EuGH) verhandelt am 12. Mai eine Klage gegen die Zulassung einer Gentechnik-Soja der US-Firma Monsanto (T-177/13). Die Soja, die unter dem Kürzel MON87701 x MON89788 in der EU zum Import und zur Verwendung in Lebens- und Futtermitteln zugelassen ist, wird unter dem Markennamen Intacta vor allem in Brasilien angebaut und verfügt über eine neue Kombination verschiedener Eigenschaften. Die Pflanzen produzieren ein Insektengift, ein sogenanntes Bt-Toxin, und sind gleichzeitig unempfindlich gegenüber dem Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat (u.a. enthalten in „Roundup“).
Nach Ansicht der Kläger wurde diese Soja von der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA nicht ausreichend auf Risiken für VerbraucherInnen untersucht: Bei der Zulassungsprüfung wurden die Wechselwirkungen zwischen Glyphosat und dem Insektizid nicht untersucht. Zudem besteht der Verdacht, dass von der Soja ein Risiko für Immunkrankheiten ausgeht. Die EU-Kommission hätte die Sojabohnen deswegen nicht zulassen dürfen.
Testbiotech und das Europäische Netzwerk kritischer WissenschaftlerInnen (European Network of Scientists for Social and Environmental Responsibility, ENSSER) sowie der Verein Sambucus hatten 2013 die Klage gegen die EU-Kommission eingereicht. Es ist das erste Mal, dass der EuGH eine Klage von Nichtregierungsorganisationen gegen eine Importzulassung von Gentechnik-Pflanzen verhandelt. Auf der Seite der EU-Kommission sind die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA, die Regierung Großbritanniens und Monsanto der Klage beigetreten.
„Gerade publizierte Untersuchungen zeigen, dass sich die Bt-Insektengifte und die Glyphosatrückstände in ihrer Giftigkeit verstärken können. Das bestätigt unsere Auffassung, das man diese Wechselwirkungen viel genauer untersuchen müsste“, sagt Christoph Then für Testbiotech. „Unabhängig davon, wie das Verfahren ausgeht, brauchen wir hier grundlegende Veränderungen. Die gegenwärtigen Prüfstandards der EU sind viel zu sehr auf die Interessen der Industrie ausgerichtet und berücksichtigen den Schutz von Umwelt und Verbraucher zu wenig.“
Die Verhandlung der Klage findet vor dem Hintergrund aktueller Auseinandersetzungen über weitere EU-Zulassungen statt. Zum einen wird seit Monaten über die weitere Zulassung von Glyphosat diskutiert. Die EU-Kommission hat jetzt in einem überraschenden Schritt erstmals von der EFSA verlangt, die Rückstände von Glyphosat-Mischungen wie Roundup in Import-Futtermitteln auf ihre Risiken zu prüfen. Dies könnte eine entscheidende Wende bedeuten: In importierten gentechnisch veränderten Sojabohnen finden sich Rückstände von Glyphosatmischungen, die zum Teil wesentlich giftiger sind als Glyphosat alleine. Diese speziellen Mischungen werden in Argentinien, Brasilien und den USA auf die Soja gespritzt, die dann in die EU importiert wird. Die Rückstände wurden in der EU aber nie auf ihre gesundheitlichen Risiken überprüft. Testbiotech hat wiederholt auf diese Lücke im Zulassungsverfahren hingewiesen.
Hitzig debattiert wird in der EU auch über die Zulassung weiterer gentechnisch veränderter Sojabohnen der Firmen Bayer und Monsanto, die mit mehreren Pestiziden gleichzeitig gespritzt werden können. Obwohl die Industrie erheblichen Druck aufbaut, hat die EU-Kommission bisher die Zulassung verweigert. Testbiotech fordert, diese Zulassung zu stoppen, weil auch hier gesundheitliche Risiken der Pestizidrückstände nicht geprüft wurden.
Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org
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