Einspruch gegen Patent auf ‚Alzheimer-Affen‘

Patentiertes Verfahren verursacht erhebliches Leiden für die Tiere
Sonntag, 25. April 2021

Testbiotech hat Einspruch gegen ein Patent auf ‚Alzheimer-Tiere‘ eingelegt. Das Patent (EP3066203) umfasst Nagetiere und nicht-menschliche Primaten bis hin zu Menschenaffen. Bei den Tieren werden per Gentechnik bestimmte Symptome der Alzheimerkrankheit ausgelöst. Mit den patentierten Verfahren sind erhebliche Leiden für die Tiere verbunden, dagegen scheint der konkrete medizinische Nutzen fraglich. Das Patent wurde 2020 vom Europäischen Patentamt (EPA) an verschiedene Forschungseinrichtungen in Frankreich erteilt. Hintergrund des Einspruchs sind ethische Bedenken: Durch Patente auf Versuchstiere können wirtschaftliche Anreize für die Durchführung von unnötigen Versuchen entstehen.

Es gibt bereits Dutzende von ‚Tiermodellen‘, mit denen die Alzheimerkrankheit simuliert werden soll. Ihnen allen gemeinsam ist, dass die gentechnisch veränderten Tiere zwar verschiedene Symptome der Krankheit entwickeln, es aber nicht gelungen ist, mit ihrer Hilfe auch wirksame Therapien oder Arzneimittel zu entwickeln. Das jetzt erteilte Patent zielt erneut darauf ab, u.a. bei Mäusen und Affen bestimmte Symptome der Alzheimerkrankheit auszulösen und diese Tiere für die Pharmaforschung zu nutzen.

Die europäischen Patentgesetze schreiben vor, dass Patente auf Tiere nur erteilt werden können, wenn dem Leiden der Tiere ein wesentlicher medizinischer Nutzen gegenübersteht. Das ist nach Einschätzung von Testbiotech hier aber nicht der Fall: Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Symptome, die per Gentechnik bei den Versuchstieren ausgelöst werden, keineswegs denen der tatsächlichen Alzheimerkrankheit gleichgesetzt werden können.

„Es ist nicht auszuschließen, dass entsprechende Tierversuche neue Erkenntnisse ermöglichen. Aber es gibt in diesem Fall keinerlei Beweis für einen wesentlichen medizinischen Nutzen. Im Gegenteil, angesichts der bisherigen Fehlschläge erscheint ein Erfolg sehr zweifelhaft“, sagt Christoph Then für Testbiotech. „Und letztlich geht es bei Patenten ja auch nicht um den Nutzen für die PatientInnen, sondern um wirtschaftliche Interessen. Mit dem Leiden von Tieren darf aber kein Profit gemacht werden.“

Der Unterschied zu bisherigen ‚Tiermodellen‘ liegt laut Patentschrift darin, dass die Tiere nicht im embryonalen Zustand, sondern als ausgewachsene Tiere manipuliert werden. Wie im Patent beschrieben, werden in das Gehirn der erwachsenen Tiere gentechnisch veränderte Viren injiziert, die die krankmachenden Gene in das Erbgut der Tiere übertragen. In der Folge bilden die Gehirnzellen u.a. sogenannte Plaques, wie sie auch bei manchen Formen der Alzheimerkrankheit zu beobachten sind. Mit Hilfe dieses ‚Tiermodells‘ soll die Entstehung der Symptome dem Verlauf der Alzheimerkrankheit bei Menschen ähnlicher gemacht werden. Doch bislang gibt es keinen Hinweis auf einen tatsächlichen Nutzen für die PatientInnen.

Derzeit werden in der EU jährlich rund 10 Millionen Tiere in Tierversuchen ‚verbraucht‘. Bemühungen, die Zahl der Tierversuche einzudämmen, waren in der EU bisher nur teilweise erfolgreich. Nach Ansicht von Testbiotech muss deswegen verhindert werden, dass die Aussicht auf Patente und Profite zu zusätzlichen Treibern von Tierversuchen werden. Testbiotech hatte in der Vergangenheit in ähnlichen Fällen bereits mehrfach erfolgreich Einsprüche am EPA eingelegt.

Kontakt: 

Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040