Heute erteilt das Europäische Patentamt das Patent EP 1711599, an dem der umstrittene koreanische Klonforscher Hwang Woo-Suk beteiligt ist. Entgegen dem ursprünglich eingereichten Antrag umfasst es lediglich Nährflüssigkeiten für Zellkulturen. Das Patent wurde bereits 2004 angemeldet und beanspruchte Methoden zur Herstellung und Nutzung menschlicher Embryonen und daraus gewonnener Stammzellen. Das Patentamt verweigerte die Erteilung dieser Ansprüche unter Verweis darauf, dass die im Patent beschriebenen Verfahren offensichtlich auf falschen Angaben beruhen. 2006 war bekannt geworden, dass der Klonforscher große Teile seiner Arbeit gefälscht hatte.
„Hwang hätte gut daran getan, den Patentantrag zurückzuziehen. Die Entscheidung des Europäischen Patentamts ist eine schallende Ohrfeige für den Forscher,“ kommentiert Dr. Christoph Then, Geschäftsführer von Testbiotech e.V., einer Organisation, die sich für die unabhängige Folgenabschätzung in der Biotechnologie einsetzt. „Ohnehin hätte das Patent auch aus ethischen Gründen nicht erteilt werden können, da das Verfahren auf der Zerstörung menschlicher Embryonen beruht.“
Nach der Entscheidung über das Patent von Hwang steht das Europäische Patentamt in Zusammenhang mit neuen Klonverfahren jetzt vor einer neuen Herausforderung. Bei einer Recherche, die Testbiotech e.V. zusammen mit der Initiative „Kein Patent auf Leben!“ durchgeführt hat, zeigte sich, dass die Patentanträge im Bereich embryonaler Stammstellen derzeit stark ansteigen. Insbesondere fanden sich allein in den Jahren 2008 und 2009 etwa 40 Patentanträge, in denen es um Verfahren zur Herstellung von Stammzellen neuer Art, die die Eigenschaften embryonaler Stammzellen haben, sogenannte induzierte Pluripotente Stammzellen (iPS), geht. Diese Verfahren werden von vielen Experten befürwortet, weil dafür keine menschlichen Embryonen zerstört werden müssen. Die so erzeugten iPS-Zellen sind aber im Hinblick auf die Möglichkeiten des Klonens ethisch nicht als neutral und unproblematisch anzusehen. Wie 2009 in mehreren Publikationen gezeigt wurde, können iPS-Zellen zum direkten Klonen lebensfähiger Individuen verwendet werden, was vorerst zumindest bei der Maus gelang, sehr wahrscheinlich aber ebenso beim Menschen möglich wäre: Zunächst werden normale Zellen des menschlichen Körpers so manipuliert, dass sie sich in „pluripotente“, das heißt embryonale Zellen zurückverwandeln. Aus diesen Zellen könnten dann durch so genannte „Tetraploide Komplementierung“auch ganze menschliche Embryonen produziert werden. Tatsächlich werden verschiedene Verfahren zur Herstellung von Embryonen mit Hilfe von iPS Zellen auch in Patenten beansprucht.
„Wir stehen vor völlig neuen Fragen. Bisher ging es darum, ob menschliche Embryonen zerstört werden dürfen, um Stammzellen herzustellen. Jetzt muss man diskutieren, wie man verhindern kann, dass Stammzellen dazu verwendet werden, dass menschliche Embryonen künstlich hergestellt werden,“ warnt Testbiotech. „Zellen, die aus dem menschlichen Körper entnommen werden, bergen immer dann ein ganz neues Potential zum Missbrauch, wenn aus ihnen die „pluripotenten“ iPS-Zellen hergestellt werden: In den so veränderten Zellen schlummert dann nicht nur eine Kopie der genetischen Anlagen des Spenders sondern ein Potential zur Herstellung seines Klons. Es ist nicht nur völlig unklar, wie das Patentamt mit derartigen Anträgen umgehen wird“, erklärt Then. „Möglicherweise muss auch das Embryonenschutzgesetz verschärft werden.“
Zur Debatte siehe auch:
Hans-Werner Denker, Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Lehrstuhl für Anatomie und Entwicklungsbiologie Universität Duisburg, seit 2006 im Ruhestand: http://www.uni-due.de/denker
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Dr. Ruth Tippe: 0172 - 896 38 58
oder Andrea Reiche, Tel: 0177 - 172 98 21
Testbiotech e. V.
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