Patent auf menschliche embryonale Stammzellen vor dem BGH

Testbiotech verlangt Widerruf wegen öffentlichem Interesse

14. Juli 2022 / Am 21. Juli findet vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe eine Verhandlung zu einem Patent statt, das auch die Gewinnung embryonaler Stammzellen aus menschlichen Embryonen umfasst. Das in 2004 angemeldete Patent DE102004062184 wurde 2013 vom Deutschen Patentamt erteilt. Testbiotech hatte 2020 beim Bundespatentgericht eine Nichtigkeitsklage eingereicht. In Reaktion auf die Klage hat der Patentinhaber die Zahlung der Gebühren zur Aufrechterhaltung des Patentes gestoppt, es ist damit erloschen.

Testbiotech fordert vor dem BGH jetzt aber zusätzlich die Nichtigerklärung des Patentes, soweit menschliche Embryonen umfasst sind. Der Grund: Mit der Erteilung des Patentes wurden grundsätzliche gesetzliche Patentausschlüsse aus ethischen Gründen verletzt. Patente auf eine wirtschaftliche Verwendung menschlicher Embryonen und Eingriffe in die menschliche Keimbahn sind in Europa verboten. Nach Ansicht von Testbiotech verstoßen diese Patente nicht nur gegen die Bestimmungen des Patentrechts, sondern schaffen auch wirtschaftliche Anreize, die ethisch nicht vertretbar sind.

Angemeldet hatte das Patent ein Reproduktionsmediziner in München. Die Patentansprüche betrafen die Nutzung von Embryonen, einschließlich menschlicher, wie sie bei künstlicher Befruchtung (IVF) entstehen. Die Durchführung des patentierten Verfahrens mit menschlichen Embryonen wäre nach dem Embryonenschutzgesetz auch strafbar gewesen.

Dagegen weist der Patentinhaber darauf hin, dass u.a. Tierversuche gezeigt hätten, dass die betroffenen Embryonen bei der Entnahme der Zellen nicht immer zerstört werden. Deswegen sei sein Patent ethisch unbedenklich. Entsprechende Verfahren bei Menschen anzuwenden, wäre aber ethisch völlig inakzeptabel, da in einen Embryo nur zu dessen eigenem Nutzen eingegriffen werden darf. Tatsächlich ist der Patentinhaber an einer wissenschaftlichen Publikation über Versuche beteiligt, bei denen Mäuseembryonen entsprechende Zellen entnommen wurden. Dabei überlebten aber nur wenige Embryonen.

Die öffentliche Verhandlung am BGH findet vor dem 10. Senat statt. Dabei geht es zunächst darum, festzustellen, ob auch ein erloschenes Patent für nichtig erklärt werden kann, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt und nicht im wirtschaftlichen. Falls dies der Fall ist, kann das Gericht ein Urteil über die Rechtmäßigkeit der Patenterteilung treffen, obwohl das Patent bereits erloschen ist.

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Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org