Die EU-Kommission und die Repräsentanten der EU-Mitgliedsländer wollen am 11. Juli erneut über die Zulassung von SmartStax, einem gentechnisch veränderten Mais für Futter- und Lebensmittel, abstimmen. Der gentechnisch veränderte Mais SmartStax der Firmen Monsanto und Dow AgroSciences produziert sechs verschiedene Insektengifte und ist gegenüber zwei Unkrautvernichtungsmitteln resistent. Zusammen mit SmartStax wird auch über neun weitere ähnliche Gentechnik-Maisvarianten abgestimmt, die alle sowohl Insektengifte produzieren als auch gegen Unkrautvernichtungsmittel resistent gemacht wurden, darunter auch ein Mais, der unter der US-Marke Powercore vekauft wird. Zudem soll der Pollen des Gentechnik-Mais MON810 eine gesonderte Zulassung für die Verwendung in Lebensmitteln wie Honig erhalten.
„Das Vorgehen der Kommission zeigt, dass die Zulassungsverfahren viel zu wenig auf wissenschaftlichen Untersuchungen basieren und letztlich von wirtschaftlichen Interessen bestimmt werden. Da die US-Konzerne wollen, dass dieser Mais ohne Probleme in die EU importiert werden kann, bringt die EU-Kommission ihn zur Zulassung und redet die Risiken klein“, sagt Christoph Then von Testbiotech. „Das ist ein Foulspiel gegenüber den Interessen der Verbraucher und geht auf Kosten der Sicherheit von Mensch und Umwelt.“
SmartStax und Powercore wurden 2010 von der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA positiv bewertet, obwohl die Dossiers der Industrie erhebliche Mängel aufweisen. So wurden Kombinationswirkungen der Toxine und der Spritzmittelrückstände nicht untersucht. Testbiotech hatte im Dezember 2012 darauf aufmerksam gemacht, dass SmartStax-Mais vermutlich illegal auf den EU-Markt gelangt. Daraufhin hat die EU-Kommission ihn jetzt zur Zulassung gebracht. Die deutsche Bundesregierung hat in einer ersten Abstimmung im Juni durch ihre Enthaltung indirekt ihre Zustimmung zur Zulassung signalisiert.
Zuletzt hatte Testbiotech in einem Schreiben an die EU-Kommission darauf hingewiesen, dass bei Fütterungsversuchen an Schweinen mit ähnlichen Maisvarianten Hinweise auf gesundheitliche Schäden wie entzündliche Reaktionen beobachtet wurden. Die EU-Gesetze sehen vor, dass bei Hinweisen auf ernsthafte Risiken die Zulassungen von gentechnisch veränderten Organismen vorsorglich ausgesetzt werden, bis größere Gewissheit besteht.
Beim SmartStax und Powercore werden verschiedene Insektengifte kombiniert, die ursprünglich nur in Bodenbakterien vorkommen. Die Gentechnik-Maisvarianten werden in den USA und Brasilien angebaut, weil sich dort die Schädlinge zunehmend an den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen anpassen, die lediglich einzelne Giftstoffe produzieren. Einer der Giftstoffe (Cry1A105) in SmartStax und Powercore ist künstlich aus verschiedenen Insektengiften synthetisiert, in der Natur finden sich keine entsprechenden Varianten dieses Gifts. Zusätzlich ist der Mais gegen die Spritzmittel Glyphosat (Marken wie Roundup) und Glufosinat (Marken wie Liberty) resistent gemacht. Die Risiken des „Gen-Kombi-Mais“ wurden nicht ausreichend untersucht. Beispielsweise wurden die Maiskörner lediglich über 42 Tage an Geflügel verfüttert, um deren Mastleistung zu prüfen. Im Fall von Powercore wies die EFSA die Untersuchungsergebnisse aus dieser Fütterung sogar selbst als wissenschaftlich nicht belastbar zurück, sprach sich aber trotzdem ohne weitere Versuche für eine Zulassung aus.
Testbiotech fordert daher eine erneute und umfassende Risikobewertung des Gentechnik-Mais, einen Stopp der EU-Zulassung und wirksame Maßnahmen gegen Importe in die EU. An einer E-Mail-Aktion gegen die Zulassung von SmartStax haben sich bereits einige Tausend Menschen beteiligt.
Dr. Christoph Then, Testbiotech, Tel 0151/54 63 80 40, info@testbiotech.org
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