Nachdem ein breites Bündnis von Organisationen gegen die geplante Freisetzung gentechnisch veränderter Olivenfliegen in Spanien protestiert hatte, hat das britische Unternehmen Oxitec seinen Antrag jetzt zurückgezogen. Nach Berichten in spanischen Medien hatte die Firma von den Behörden das Signal erhalten, dass die Versuche nicht genehmigt würden. Es ist bereits das zweite Mal seit 2013, dass Oxitec mit einem Antrag scheitert. Sind die Fliegen einmal freigesetzt, könnten sie sich nach gewisser Zeit im gesamten Mittelmeerraum ausbreiten. Eine breite Koalition von Umwelt- und Landwirtschaftsorganisationen, hauptsächlich aus der Mittelmeerregion, fordert ein vollständiges Verbot der Freisetzung derartiger Fliegen.
„Wir gratulieren den Umweltschützern und Landwirten in Spanien zu ihrem Erfolg. Leider wird dieser Antrag aber nicht der letzte gewesen sein. Im Labor wird längst an der nächsten Generation gentechnisch veränderter Insekten gearbeitet“, sagt Christoph Then von Testbiotech. „Beim Blick in die wissenschaftlichen Fachpublikationen hat man den Eindruck, dass es in naher Zukunft eine regelrechte Welle von Freisetzungen mit unkontrollierbaren Organismen geben könnte.“
So wird im aktuellen Editorial des Wissenschaftsmagazins Nature vor unzureichenden gesetzlichen Regelungen im Hinblick auf gentechnisch veränderte Organismen mit einem sogenannten „Gen- Drive“ gewarnt. Darunter versteht man Organismen, bei denen mithilfe der Synthetischen Gentechnik nicht nur die Struktur des Erbguts verändert wurde, sondern auch die Häufigkeit der Vererbung. Derart veränderte Lebewesen – insbesondere Insekten – können ihr künstliches Erbgut wesentlich schneller in natürlichen Populationen verbreiten. Solche Organismen wurden jüngst, weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, zum ersten Mal hergestellt.
Normalerweise dauert es relativ lange, bis sich eine genetische Veränderung in einer Population ausbreiten kann. Eine Veränderung, die sich auf einem Paar von Chromosomen befindet, wird nur an die Hälfte der Nachkommen vererbt. Anders bei den Nachkommen mit „Gen-Drive“: Hier sollen alle Nachkommen die gentechnische Veränderung aufweisen. Dieses Verfahren der Synthetischen Gentechnik basiert auf der Anwendung von „CRISPR“, einer sogenannten DNA-Schere (Nuklease), die es ermöglicht, dass sich eine gentechnische Veränderung in jeder Generation auch auf das Partner-Chromosom überträgt. Im Ergebnis wird sich die neue Gen-Information damit wesentlich schneller in einer Population verbreiten.
Derzeit gibt es noch keine internationale Gesetzgebung, die es verbieten würde, derartige Organismen freizusetzen. Dieses Problem wird jetzt auch in Nature angesprochen: „Neu an dieser Sache ist CRISPR. Das fügt der Debatte eine neue Dimension hinzu, weil es die Herstellung von Organismen mit Gen-Drive wesentlich vereinfacht und deren mögliche Freisetzung dramatisch beschleunigen könnte – unabsichtlich oder absichtlich. Forscher und ihre Geldgeber sollten das zur Kenntnis nehmen, und Bemühungen, die möglichen ökologischen Konsequenzen zu verstehen, müssen eine hohe Priorität bekommen. Der Gesetzgeber und die Öffentlichkeit müssen mit der rasanten Entwicklung von CRISPR Schritt halten, wir dürfen jetzt keine Zeit verlieren.“
Testbiotech fordert eine strikte internationale Gesetzgebung, welche die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen verbietet, wenn deren Ausbreitung in der Umwelt nicht kontrolliert werden kann. Bereits 2013 hatte Testbiotech über mehrere Fälle von unkontrollierter Ausbreitung gentechnisch veränderter Organismen berichtet. In Reaktion darauf wurde ein internationaler Aufruf gestartet, der von vielen Organisationen unterstützt wird. Derzeit wird über diese Entwicklung auch im Rahmen der internationalen Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) diskutiert.
Christoph Then, Testbiotech, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org
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Oxitec zieht Antrag auf Freisetzung zurück.pdf | 104.87 KB |