Die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat auf Anfrage der EU-Kommission eine neue Untersuchung mexikanischer WissenschaftlerInnen bewertet. Den Forschungsergebnissen aus Mexiko zufolge können sogenannte Bt-Toxine (Cry1Ac), die auch in verschiedenen in der EU zugelassenen Gentechnikpflanzen produziert werden, Allergien auslösen. Dagegen kommt die EFSA zu der Einschätzung, dass diese Studie keine neuen Erkenntnisse liefere und methodische Mängel aufweise. Testbiotech bat deswegen die mexikanischen WissenschaftlerInnen um ihre Bewertung. Die Stellungnahme aus Mexiko liegt jetzt vor und zeigt, dass die EFSA in wichtigen Details irrt und die neuen Ergebnisse keineswegs entkräftet wurden.
Die mexikanischen WissenschaftlerInnen weisen darauf hin, dass das Ziel ihrer Versuche nicht der Nachweis einer Gesundheitsbeeinträchtigung durch den Verzehr gentechnisch veränderter Pflanzen gewesen sei. Aber ihre Forschungsergebnisse würden deutlich machen, dass deren Risiken genauer untersucht werden müssen: „Wir sind der Ansicht, dass unsere Publikation zum Verständnis der Auswirkungen von Cry1Ac-Giften auf das Immunsystem beiträgt und diese neuen Informationen sollten nicht nur deswegen negativ bewertet oder disqualifiziert werden, weil sie als relevant für die Risikobewertung von Gentechnik-Pflanzen angesehen werden.“
Bt-Gifte kommen in der Natur nur in Bodenbakterien vor, werden aber auch in Gentechnikpflanzen wie Mais, Baumwolle und Soja gebildet, um Befall durch Insekten zu verhindern. Dass diese Bt-Gifte Immunreaktionen auslösen oder verstärken können, wurde bereits in vorhergehenden Studien nachgewiesen. Die mexikanischen WissenschaftlerInnen zeigten aber zum ersten Mal, dass diese Allergien auslösen können, wenn sie in ausreichenden Mengen aufgenommen werden. Die Studie ist deshalb so relevant, weil die EU mehr und mehr Pflanzen für den Import zulässt, die mehr als nur ein Bt-Gift produzieren. Dadurch steigt die Gesamtkonzentration von Bt-Giften in der Nahrungskette. Doch bis jetzt wurden nur wenige Toxine im Hinblick auf das Immunsystem getestet und auch die Kombinationseffekte dieser Gifte sind kaum untersucht.
Auch die mexikanischen WissenschaftlerInnen stellen klar: „… es gibt Unterschiede in der Höhe der Genexpression in den verschiedenen Teilen der Pflanzen. Zudem sind bereits Kreuzungen der Pflanzen mit mehreren gentechnischen Veränderungen auf dem Markt, die eine wesentlich höhere Gesamtkonzentration an Bt-Giften enthalten als Pflanzen, die nur ein Toxin produzieren.“
Nach Einschätzung von Testbiotech beruht die Bewertung der EFSA auf einer zu einseitigen Perspektive. Es gibt nachvollziehbare Gründe für die einseitige Schlussfolgerung der EFSA: Wäre die Behörde zu einem anderen Ergebnis gekommen, hätte sie damit ihre eigenen bisherigen Risikobewertungen von Gentechnikpflanzen, die Bt-Toxine produzieren, infrage gestellt. Tatsächlich finden sich in der Begründung Hinweise, dass die EFSA ihre Bewertung auf eine einseitige Perspektive stützt: Sie führt alle möglichen Details ins Feld, um die aktuelle Studie in Zweifel zu ziehen. Studien, die die Auffassung der EFSA bestätigen, werden dagegen längst nicht so kritisch geprüft.
Testbiotech will über den Weg der EU-Gerichte genauere Untersuchungen verpflichtend machen. Das anhängige Verfahren (C-82/17 P) dreht sich um Immunreaktionen, die möglicherweise durch die Gentechnik-Soja „Intacta“ (MON 87701 x MON 89788) von Monsanto ausgelöst werden, die Cry1Ac produziert. Sowohl die EFSA als auch die EU-Kommission sind an diesem Verfahren beteiligt und verteidigen die EU-Zulassung der Soja. Die gerichtliche Auseinandersetzung könnte ein weiterer Grund für die einseitige Bewertung der mexikanischen Studie durch die EFSA gewesen sein. Leider sieht es nach einer kürzlich veröffentlichten Stellungnahme des Generalanwaltes des EU-Gerichtes derzeit nicht danach aus, als ob das Gericht weitere Untersuchungen zur Auflage macht.
Die eigentliche Verantwortung für die Sicherheit gentechnisch veränderter Pflanzen liegt aber weder beim EU-Gericht noch alleine bei der EFSA, sondern zu großen Teilen bei der EU-Kommission: Nach Ansicht von Testbiotech darf sich diese nicht darauf beschränken, der EFSA Fragen zu stellen, sondern muss die Standards der Risikobewertung deutlich anheben, um Mensch und Umwelt ausreichend zu schützen. Das betrifft auch die systematische Untersuchung der Immunwirkung von Bt-Toxinen, die in Gentechnikpflanzen produziert werden.
Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.de
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