Risiken von Gentechnik-Pflanzen: Ein Weckruf

Ergebnisse des internationalen Forschungsprojektes RAGES
Donnerstag, 16. January 2020

In Berlin werden heute die Ergebnisse eines internationalen Forschungsprojektes vorgestellt. Unter dem Titel RAGES (Risikoabschätzung von gentechnisch veränderten Organismen in der EU und der Schweiz) befasste sich ein internationales Team von ExpertInnen seit 2016 intensiv mit der Zulassungsprüfung von Gentechnik-Pflanzen. Das Projekt ist vollständig unabhängig von den Interessen der Gentechnik-Industrie. Die Ergebnisse des Projektes zeigen, dass die Behörden in der EU und der Schweiz mit den Risiken nicht angemessen umgehen. Von den Behörden werden längst nicht alle relevanten Risiken geprüft, sondern vor allem diejenigen, die sich mit möglichst einfachen Mitteln untersuchen lassen.

Im Ergebnis genügen die derzeitigen Standards nicht den gesetzlichen Anforderungen, die verlangen, dass unter Anwendung höchster wissenschaftlicher Standards nachgewiesen werden muss, dass die Gentechnik-Pflanzen und daraus gewonnene Nahrungsmittel als sicher angesehen werden können.

„Kurz gesagt ist die derzeitige Praxis der Zulassungsprüfung in großen Teilen nicht dafür gemacht, die tatsächlichen Risiken zu prüfen. Vielmehr ist diese Praxis auf die Interessen der Firmen ausgerichtet, die ihr patentiertes Gentechnik-Saatgut und die entsprechenden Ernten möglichst weltweit vermarkten wollen. Die Politik hat es in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten versäumt, ausreichende Vorgaben für die Durchführung der Zulassungsprüfung zu machen und eine von der Industrie unabhängige Risikoforschung zu organisieren“, fasst Angelika Hilbeck von ENSSER (European Network of Scientists for Social and Environmental Responsibility) die Ergebnisse zusammen.

Durchgeführt wurde das Projekt RAGES in Zusammenarbeit von ENSSER, dessen Schweizer Partnerorganisation CSS (Critical Scientists Switzerland), GeneWatch UK und Testbiotech. Finanziert wurde es von der Stiftung Mercator Schweiz.

In sechs Berichten, die heute veröffentlicht werden, wird unter anderem gezeigt, dass die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA nicht berücksichtigt, dass die von den Pflanzen produzierten Insektengifte wesentlich giftiger sein und weit mehr Insektenarten beeinträchtigen können, als ursprünglich angenommen. Die EFSA akzeptiert zudem seit vielen Jahren auch Daten von Feldversuchen, in denen die Gentechnik-Pflanzen nicht mit hohen Mengen und wiederholten Spritzungen von Glyphosat behandelt werden. In den Anbauländern ist dies aber übliche Praxis. Im Ergebnis ist die Zulassungsprüfung ungeeignet, um die tatsächlichen Risiken eines Verzehrs von Nahrungsmitteln abzuschätzen, die aus diesen Pflanzen hergestellt werden. Viele Risiken bleiben bei der Zulassungsprüfung sogar gänzlich außen vor. Dazu gehören Auswirkungen auf das Immunsystem und insbesondere die möglichen Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen gentechnisch veränderten Eigenschaften der Pflanzen.
„Trotz dieser offensichtlichen Mängel der Risikoprüfung gibt es bisher wenig Interesse an einer sachlichen und kritischen Diskussion. Stattdessen sehen wir zunehmend populistische und sachlich oft nicht fundierte Äußerungen vor allem von Seiten industrienaher Wissenschaft. So wird medial ein angeblicher pauschaler ‚Konsens‘ darüber konstruiert, dass gentechnisch veränderte Pflanzen als sicher anzusehen seien, den es so nicht gibt“, kritisiert Christoph Then von Testbiotech.  

Die von RAGES aufgezeigten Probleme betreffen auch die Diskussion um die sogenannte „neue Gentechnik“. RAGES zeigt unter anderem, warum Pflanzen, die mit Hilfsmitteln wie der Gen-Schere CRISPR verändert werden, eingehend auf Risiken geprüft werden müssen.

Kontakt: 

Christoph Then, Testbiotech, Tel. 0151 54638040, info@testbiotech.org

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