Gesundheitliche Risiken

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Kombinationseffekte erhöhen die Risiken in der Lebensmittelproduktion

Erwartungen
Aktuell sind bereits über 90 verschiedene transgene Pflanzen (Events), bzw. deren Ernte, für den Import als Lebens- und Futtermittel in die EU zugelassen. Im Rahmen der einzelnen Zulassungsverfahren hat die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) jeweils eine Risikobewertung durchgeführt, in der potenzielle Auswirkungen des Imports und Verzehrs von Lebens- und Futtermitteln aus gentechnisch veränderten Pflanzen auf die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt ermittelt wurden. Mit diesem Verfahren soll sichergestellt werden, dass nur solche Gentechnik-Pflanzen zugelassen werden, die unbedenklich für Mensch, Tier und Umwelt sind und keine Folgeschäden verursachen.

Realität
Der Anbau transgener Pflanzen führte zu einem Anstieg herbizidresistenter Unkräuter und der Anpassung von Schädlingen. Die Antwort der Gentechnik-Industrie auf diese Entwicklungen ist die Aufrüstung der transgenen Pflanzen, in denen zunehmend mehrere Gentechnik-Eigenschaften in einer Pflanze kombiniert werden (sog. ‚Stacked Events‘). Das hat zu einem regelrechten Wettrüsten auf dem Acker geführt, bei dem einzelne Sorten aktuell bis zu sechs Insektengifte produzieren und Resistenzen gegen mehrere Herbizide enthalten. Diese ‚Stacked Events‘ machen – auch in der EU – inzwischen die deutliche Mehrheit der Zulassungen aus. Das stellt auch die Risikoabschätzung der daraus gewonnenen Futter- und Lebensmittel vor neue Herausforderungen, da Wechselwirkungen zwischen mehreren Bt-Toxinen oder Pestiziden wesentlich schwerer abzuschätzen sind als die Risiken einzelner Wirkstoffe. Die kombinatorische Wirkung der einzelnen Insektizide und Herbizide kann sich unter Umständen auch gegenseitig verstärken, wodurch die möglichen gesundheitlichen Effekte die Summe der einzelnen Stoffe übersteigen können. Die Effekte können auch indirekt ausgelöst werden, wenn sich beispielsweise durch den Verzehr der Produkte die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm (Mikrobiom) verändert. Dies zeigen zahlreiche Studien, insbesondere für das Breitbandherbizid Glyphosat. Unter anderem könnten dadurch chronische entzündliche Prozesse z.B. im Magen-Darm-Trakt befördert werden. Hier kann es u.a. zu Wechselwirkungen mit den Bt-Toxinen kommen, von denen bekannt ist, dass sie Immunreaktionen hervorrufen können. Weder die EFSA noch die Industrie haben diese bisher genauer untersucht. So verlangt die EU keine empirischen Untersuchungen zur Gesamttoxizität von ‚Stacked Events‘, in denen regelmäßig diverse Herbizidrückstände sowie von den Pflanzen produzierte Bt-Toxine enthalten sind. Auch Mischungen von Gentechnik-Pflanzen in Futter- und Lebensmitteln werden nicht untersucht. Mögliche (negative) Kombinationswirkungen der verschiedenen Events in Futter- und Lebensmitteln werden bei den Zulassungsverfahren also außer Acht gelassen.

Konsequenzen
Durch die fehlende Prüfung von Kombinationseffekten sind die Unsicherheiten im Hinblick auf die gesundheitlichen Risiken von Futter- und Lebensmitteln seit der Einführung der Gentechnik gestiegen. Mit der steigenden Anzahl von Zulassungen werden zusammen mit den Pflanzen auch immer neue Cocktails aus Herbizidrückständen und Insektengiften importiert. In der Folge können Risiken in der Nahrungskette unbemerkt akkumulieren und auch zu einer Zunahme von gesundheitlichen Problemen beim Verzehr entsprechender Produkte führen. Viele Stoffwechsel- oder Immunkrankheiten von Menschen und Tieren haben mehrere und komplexe Ursachen. Es ist nicht auszuschließen, dass der Verzehr von Produkten aus Gentechnik-Pflanzen hier eine Rolle spielt. Genauere Untersuchungen sind daher unverzichtbar. Auch bei der Einführung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik stellt sich die Frage, wie mögliche Kombinationseffekte beim Verzehr der Pflanzen abgeschätzt werden sollen.

Weitere Informationen:
Bericht RAGES

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CRISPR-Tomaten: Kombinationseffekte können Lebensmittelsicherheit beeinträchtigen

Erwartungen
Mithilfe der Neuen Gentechnik (NGT) wird versucht, agronomische und gesundheitsrelevante Eigenschaften bei Tomatenpflanzen zu verändern. Deren Entwicklung soll zudem nur wenige Jahre in Anspruch nehmen. Dadurch wären Ergebnisse im Zeitraffer realisierbar, für die es mit konventionellen Verfahren mitunter jahrzehntelanger Züchtung bedarf bzw. mit diesen gar nicht möglich sind. Aufgrund der veränderten Inhaltsstoffe bzw. physiologischen Eigenschaften sollen diese NGT-Tomatenpflanzen besonders gesund und nachhaltig sein.

Realität
Inzwischen gibt es eine Reihe von Projekten, die eine Verbesserung von Tomatenpflanzen zum Ziel haben: Beispielsweise wurde in einer Wildform der Tomate mehrere Gene ausgeschaltet und so die Zahl, Größe und Form der Früchte, die Inhaltsstoffe und die Wuchsform verändert. Weil sich die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe dieser Tomaten jedoch so stark von handelsüblichen Tomaten unterscheidet, fordert die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA eine eingehende Risikobewertung dieser NGT-Pflanzen.

Bei anderen NGT-Tomaten werden Inhaltsstoffe in den Früchten angereichert, die als Vitamine wirken oder blutdrucksenkende Eigenschaften haben sollen. Eine der ersten NGT-Pflanzen auf dem Markt ist die GABA-Tomate, die in Japan als ‚Lifestyle‘-Produkt vermarktet wird. Dank eines erhöhten Gehalts an Gamma-Aminobuttersäure (GABA) soll sie eine blutdrucksenkende Wirkung haben. Die Tomate wurde allerdings vor ihrer Zulassung von den Behörden nicht auf ‚Risiken und Nebenwirkungen‘ getestet. GABA ist in Pflanzen an einer Vielzahl von Stoffwechselwegen beteiligt, weshalb ein derart veränderter GABA-Gehalt die Interaktionen mit der Umwelt, weitere Inhaltsstoffe der Früchte und deren Verträglichkeit beeinflussen kann.

Weitere Ziele der Neuen Gentechnik betreffen den Anbau und die Ernte der Tomaten. Beispiele für Produkte, die in den nächsten Jahren vermarktet werden könnten, sind die ‚Pflücktomate‘ (erleichterte Ernte), die ‚kleinwüchsige Buschtomate‘ (die besonders für ‚Urban Gardening‘ geeignet sein soll) oder auch die ‚Vitamin-D-Tomate‘ (erhöhter Gehalt an Vitamin-D).

Die Risiken dieser NGT-Tomaten betreffen sowohl die Interaktionen mit der Umwelt (wie z.B. Wechselwirkungen mit Bestäubern und Bodenorganismen), die Resistenz gegen Umweltstress, als auch die Nahrungsmittelsicherheit.

Konsequenzen
In Zukunft könnte eine Vielzahl von NGT-Tomaten angebaut und zum Verzehr angeboten werden. Sie könnten dann beispielsweise in Salaten gemischt werden, ohne zuvor auf eine etwaige Höchstdosis oder Kombinationswirkungen getestet worden zu sein. Bislang können verschiedene Tomatensorten z.B. in Tomatensalat beliebig miteinander gemischt oder mit anderen Lebensmitteln kombiniert werden. In Zukunft könnten beispielsweise NGT-Tomaten mit erhöhtem Vitamingehalt, die in Kombination mit anderen vitaminhaltigen Nahrungs- oder Nahrungsergänzungsmitteln verzehrt werden, zu Problemen führen. Auch Mischungen von Gentechnik-Tomaten, die beispielsweise einen höheren Gehalt an GABA, Vitamin D und anderen physiologisch aktiven Inhaltsstoffen haben, werfen – insbesondere in Bezug auf Langzeitwirkungen – neue Fragen hinsichtlich der Lebensmittelsicherheit auf. Hinzu kommen weitere ungewollte Veränderungen in den Inhaltsstoffen der Früchte, die zum Teil so komplex sind, dass sie in ihrer Gesamtwirkung schwer einzuschätzen sind.

Selbst wenn einzelne Tomatensorten als sicher angesehen werden, können sich aus der Kombination ihrer Eigenschaften neue Unsicherheiten und Risiken ergeben. Daher ist auch in Zukunft eine verpflichtende Zulassungsprüfung notwendig, die sowohl eine Risikobewertung der einzelnen NGT-Tomaten als auch eine Untersuchung von möglichen Kombinationswirkungen und potentiellen Wechselwirkungen mit der Umwelt oder weiteren NGT-Organismen umfasst.

Weitere Informationen:
TA Bericht
Tomaten aus Neuer Gentechnik
Bericht RAGES