Umweltrisiken

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Negative Auswirkungen durch beschleunigte Ausbreitung von Fraßinsekten

Erwartungen
Im Rahmen der Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Pflanzen muss eine Risikoprüfung durchgeführt werden. Dadurch sollen Risiken für die Umwelt, die durch den Anbau von Gentechnik-Pflanzen entstehen, erkannt und mögliche Schäden verhindert werden.

Realität
Mittlerweile liegen zahlreiche Belege für Auswirkungen des großflächigen Anbaus von Gentechnik-Pflanzen auf die Umwelt vor, die in der Risikobewertung nicht berücksichtigt wurden. Dabei spielen oft komplexe Wechselwirkungen eine entscheidende Rolle. Drei Beispiele:

(1) In China breiten sich mit bestimmten Viren infizierte Nachtfalterraupen (Helicoverpa armigera) verstärkt in Bt-Baumwollfeldern aus. Der Grund: Infizierte Raupen bilden schneller Resistenzen gegen das Bt-Insektengift aus und haben daher in den Gentechnik-Feldern einen Selektionsvorteil gegenüber ihren nicht infizierten Artgenossen. Auf konventionellen Baumwollfeldern sind mit diesen Viren infizierte Raupen hingegen kaum zu beobachten.

(2) Der Anbau transgener Soja in Brasilien, die gegen Glyphosat resistent gemacht wurde und insektengiftige Bt-Toxine produziert, führt zur verstärkten Ausbreitung der Schildlaus ‚Weiße Fliege‘ (Bemisia tabaci). Schildläuse, die sich von diesen Gentechnik-Pflanzen ernähren, sind fruchtbarer und die Zahl ihrer Nachkommen ist deutlich erhöht. Ursachen für die Verbreitung könnten die für die Weiße Fliege ungiftigen Bt-Toxine sein, die möglicherweise eine stimulierende Wirkung auf die Fortpflanzungsfähigkeit der Schildläuse haben. Aber auch unerwartete Wechselwirkungen im Genom der Sojapflanzen, die auf die gentechnischen Veränderungen zurückzuführen sind und sich positiv auf die Vermehrung der Schildläuse auswirken, werden in Betracht gezogen. Schon einige Jahre zuvor wurden derartige Effekte bei der starken Verbreitung von Nachtfalterraupen (Spodoptera eridania) in glyphosatresistenten Bt-Sojafeldern beobachtet.

(3) In Gentechnik-Feldern mit transgener Soja, die gleichzeitig herbizidresistent ist und Bt-Gifte produziert, breiten sich herbizidresistente Unkräuter aus, wie beispielsweise mehrere Arten von Fuchsschwanzgewächsen. Diese dienen unter anderem bestimmten Nachtfalterraupen (Spodoptera cosmioides) als Nahrungsgrundlage. Ernähren sich die Raupen sowohl von einer Art dieser herbizidresistenten Unkräuter (Amaranthus palmeri) als auch von insektengiftigen Bt-Sojapflanzen, werden sie größer und haben eine höhere Gesamtfitness. Diese Schädlinge profitieren also von der Kombination aus verstärkter Ausbreitung herbizidresistenter Unkrautarten und unbeabsichtigten Effekten der Bt-Sojapflanzen.

Konsequenzen
Beim großflächigen und mehrjährigen Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ist die Wahrscheinlichkeit für komplexere Wechselwirkungen mit den Ökosystemen und dadurch ausgelöste Schäden wesentlich höher als ursprünglich auf der Grundlage kleiner Feldversuche angenommen wurde, die in der Regel nur ein Jahr lang durchgeführt werden. Zudem werden komplexe Interaktionen zwischen verschiedenen transgenen Organismen im Rahmen der Zulassungsprüfungen bisher nicht berücksichtigt. Wichtig ist deswegen ein systemischer Ansatz der Technikfolgen- und Risikoabschätzung, der über die Prüfung der Sicherheit einzelner gentechnisch veränderter Organismen hinausgeht.

Weitere Informationen:
TA Bericht
Umweltrisiken Neue Gentechnik

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Umweltschäden durch unkontrollierte Ausbreitung von Gentechnik-Pflanzen

Erwartungen
Ursprünglich ging man davon aus, dass sich gentechnisch veränderte Pflanzen in der Umwelt eher selten ausbreiten würden und in der Regel nicht in der Umwelt überdauern könnten. Der Einbau zusätzlicher Gene, so die Theorie, sei für die Pflanzen eher ein Nachteil, der dazu führen würde, dass diese im Wettbewerb mit anderen Pflanzen rasch wieder verdrängt würden. Ein Eintrag in die Zentren der biologischen Vielfalt der Arten galt als unwahrscheinlich, solange in der jeweiligen Region kein Anbau stattfindet.

Realität
In Mexiko breitet sich gentechnisch veränderte Baumwolle seit einigen Jahren unkontrolliert in Populationen wilder Baumwolle aus. Dabei wurden Transgene von herbizidresistenter und insektengiftiger Gentechnik-Baumwolle in natürliche Baumwollpopulationen (Gossypium hirsutum) übertragen, obwohl die Gentechnik-Pflanzen dort offiziell gar nicht angebaut wurden.

Baumwollpflanzen produzieren eine Art Nektar, dessen Produktion sich durch den Befall von Fraßinsekten erhöht. Dieser lockt räuberische Ameisenarten an, die wiederum die Fraßinsekten fressen und so die Pflanze schützen. Es wurde beobachtet, dass sich sowohl die Produktion von Pflanzennektar als auch die Anzahl und Zusammensetzung der assoziierten Ameisenpopulationen bei den Nachkommen der transgenen Baumwollpflanzen im Vergleich zu den wilden Baumwollpflanzen unterscheiden können.

Ameisen sind nicht nur für die Kontrolle der Schädlinge, sondern auch für die Verbreitung der Baumwollsamen wichtig. Daher können diese gestörten Interaktionen zwischen den transgenen Pflanzen und ihrer Umwelt erhebliche Langzeitfolgen haben. Eine höhere Nektarproduktion, die mehr Ameisen anlockt, könnte so dazu führen, dass die Nachkommen der Gentechnik-Baumwolle invasive Eigenschaften erlangen.

Tatsächlich breiten sich die transgenen Baumwollpflanzen in den wilden Populationen schneller aus, als ursprünglich erwartet. Dabei können auch die Gentechnik-Eigenschaften (Insektengiftigkeit und Herbizidresistenz) bzw. deren Kombination und damit einhergehende Nebenwirkungen eine wichtige Rolle spielen. In den sich ausbreitenden Populationen wurden auch neue Kombinationen der Transgene beobachtet, die im Labor nie getestet wurden.

Diese nachfolgenden (hybriden) Generationen können andere Eigenschaften aufweisen als die ursprünglich zum Anbau zugelassenen Pflanzen (wie bspw. eine höhere Invasivität) und sich ggf. noch schneller ausbreiten. Es besteht die Gefahr, dass die natürlichen Baumwollpopulationen durch die Ausbreitung der transgenen Pflanzen verdrängt werden.

Konsequenzen
Dieses Fallbeispiel zeigt, wie unbeabsichtigte genetische und stoffwechselspezifische Interaktionen, die durch die gentechnische Veränderung bedingt sind, die Ausbreitung transgener Pflanzen fördern können. In diesem Fall ist der Schaden erheblich, weil dadurch eines der Zentren der biologischen Vielfalt von wilder Baumwolle bedroht ist.

Vor diesem Hintergrund müssen Kriterien eingeführt werden, die zu einem Abbruch der Zulassungsprüfung führen, wenn eine unkontrollierte Ausbreitung in der Umwelt nicht sicher auszuschließen ist. Es sollte internationaler Konsens sein, dass keine Gentechnik-Organismen freigesetzt werden, deren Ausbreitung nicht kontrolliert werden kann.

Weitere Informationen:
TA Bericht
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