Studie unter Beteiligung staatlicher Behörde wirft Fragen auf
17. September 2020 / Wie eine aktuelle Publikation zeigt, wurden in Deutschland Versuche mit neuer Gentechnik an Rindern durchgeführt. Mit Hilfe einer neueren Variante der Gen-Schere CRISPR/Cas wurde versucht, die Nachkommen von Milchkühen per Gentechnik zu enthornen. Dazu wurden Hautzellen bei einem Zuchtbullen entnommen und gentechnisch verändert. Die Kerne aus diesen Zellen wurden danach, ähnlich wie bei ‚Klonschaf Dolly‘, in Eizellen überführt. Das einzige lebend geborene Kalb hatte zwar keine Hörner, litt aber unter schweren Organschäden. Es starb noch am Tag der Geburt.
Finanziert wurden die Versuche von einem Förderverein der Deutschen Tierzuchtindustrie. Durchgeführt wurden sie von MitarbeiterInnen des Friedrich-Loeffler-Instituts, einer Behörde des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).
Die Versuche nahmen für keines der beteiligten Tiere ein glückliches Ende: Insgesamt wurden 70 Klone im Labor erzeugt, davon entwickelten sich nur neun Embryonen, die dann auf Leihmutterkühe übertragen wurden. Drei der Embryonen lösten aber keine Trächtigkeit aus, sondern starben direkt in der Gebärmutter ab. Bei vier Kühen kam es im Verlauf der Trächtigkeit zu erheblichen Komplikationen, sie verloren ihre Kälber. Ein weiteres Kalb wurde vorzeitig zu Versuchszwecken getötet. Nur ein Kalb wurde per Kaiserschnitt lebend geboren, starb aber noch am selben Tag. Trotz allem präsentieren die ForscherInnen ihre Studie als Erfolg, weil sie die Anwendbarkeit einer speziellen Variante der Gen-Schere CRISPR/Cas bei Rindern gezeigt habe.
Die Ursache für die schweren gesundheitlichen Schäden wurde nicht genauer untersucht. Die ForscherInnen nehmen jedoch an, dass das Klonverfahren einen wesentlichen Anteil am negativen Ausgang der Versuche hatte.
Es sind nicht die ersten Experimente mit neuer Gentechnik an Rindern: In den letzten Jahren gab es immer wieder Schlagzeilen über Versuche in den USA, bei denen hornlose Gentechnik-Rinder mit der Gen-Schere TALENs generiert wurden. Dabei gerieten, bedingt durch das gentechnische Verfahren, unbeabsichtigt Gene in das Erbgut der Rinder, die bei Bakterien eine Antibiotikaresistenz vermitteln. Nachdem diese Panne jahrelang unbemerkt geblieben war, mussten die Tiere und ihre Nachkommen 2019 getötet werden. Es gibt weitere Experimente mit CRISPR/Cas an Tierarten wie Kühen und Schweinen. Dabei kommt es regelmäßig zu ungewollten Veränderungen im Erbgut und gesundheitlichen Problemen bei den betroffenen Tieren.
Nach Ansicht von Testbiotech sind derartige Versuche aus der Perspektive des Tierschutzes äußerst problematisch, weil Tieren – oft ohne vernünftigen Grund – Leiden und Schmerzen zugefügt werden. Die Beteiligung von MitarbeiterInnen eines staatlichen Forschungsinstituts wirft zudem Fragen nach der Rolle der Behörde und auch nach der Verantwortung des Bundesministeriums für Landwirtschaft auf.
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Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org