Negative Umweltauswirkungen beim Anbau von insektengiftigen Bt-Pflanzen
23. März 2021 / Aktuelle Studien aus China und Brasilien deuten darauf hin, dass der Anbau von transgenen insektengiftigen Pflanzen die Ausbreitung bestimmter Schädlinge fördert. Dabei spielen unerwartete und komplexe Wechselwirkungen mit der Umwelt eine entscheidende Rolle.
Untersucht wurden gentechnisch veränderte Baumwolle und Soja, die sogenannte Bt-Gifte produzieren. Diese Insektizide kommen natürlicherweise nur in bestimmten Bodenbakterien (Bacillus thuringiensis) vor. In China breiten sich einer Preprint-Studie zufolge die Raupen eines Nachtfalters verstärkt in Bt-Baumwolle aus. In Brasilien wird die sogenannte ‚Tabakmottenschildlaus‘ (Weiße Fliege) in Bt-Soja zum Problem. Die Folgen betreffen die Landwirte und die Agrar-Ökosysteme.
Nach den Untersuchungen breiten sich in China beim Anbau von Bt-Baumwolle die Raupen der Baumwoll-Kapseleule (Helicoverpa armigera) beschleunigt aus, wenn diese Raupen mit bestimmten Viren befallen sind. Die Viren scheinen das Immunsystem der Raupen zu stimulieren: Die Wirkung des Bt-Giftes ist bei diesen Raupen reduziert, sie werden rascher gegen das Insektengift resistent und sind fitter als ihre Artgenossen, die nicht von diesen Viren befallen sind. Die Untersuchungen zeigen, dass die mit den Viren infizierten Raupen auf Feldern, auf denen konventionelle Baumwolle angebaut wird, kaum zu finden sind. Dagegen breiten sich die infizierten Raupen auf den Feldern aus, auf denen Gentechnik-Baumwolle angebaut wird. Nach Ansicht der AutorInnen zeigen diese Untersuchungen, dass die Wechselwirkungen zwischen gentechnisch veränderten Pflanzen, Insekten und Mikroorganismen genauer untersucht werden müssen. Bisher werden diese komplexen Interaktionen bei der Untersuchung der Umweltrisiken kaum berücksichtigt.
In Brasilien breiten sich Populationen der Weißen Fliege (Bemisia tabaci) beim Anbau von insektengiftiger Gentechnik-Soja stark aus. Ursprünglich hatte man vermutet, dies könnte daran liegen, dass auf diesen Feldern weniger Insektengifte gespritzt würden. Untersuchungen im Labor erbrachten nun jedoch ganz andere Erkenntnisse: Die Weiße Fliege, die Flüssigkeit aus den Pflanzen saugt, scheint von den Eigenschaften der Gentechnik-Soja zu profitieren. Dies gilt zumindest für Soja, die gleichzeitig gegen Glyphosat resistent ist und Bt-Insektengifte produziert: Die Läuse, die an diesen Pflanzen saugen, sind fruchtbarer und die Zahl ihrer Nachkommen ist deutlich erhöht. Sind die Pflanzen nur resistent gegen Glyphosat, treten diese Effekte nicht auf.
Das verstärkte Vorkommen der Weißen Fliege fördert die Ausbreitung von Pflanzenkrankheiten: Die Läuse übertragen beim Saugen Viren und begünstigen durch ihre Ausscheidungen das Auftreten von Pilzbefall. Nach Angabe der AutorInnen sind die Ursachen für die stärkere Vermehrung der Fliegen unklar. Eine Vermutung ist, dass das in den Pflanzen produzierte Insektengift, das bei der Weißen Fliege nicht wirksam ist, einen stimulierenden Effekt haben könnte. Diskutiert werden auch unerwartete Wechselwirkungen im Erbgut der Sojasorten.
Es ist nicht das erste Mal, dass von einer erhöhten Ausbreitung von Schädlingen in Gentechnik-Soja in Brasilien berichtet wird: Schon 2014 hatten Mitarbeiter von Monsanto davor gewarnt, dass ein anderer Schädling, der Southern Armyworm (Spodoptera eridania), sich vermehrt in Feldern mit Gentechnik-Sojasorten ausbreitet, die resistent gegen Glyphosat sind und Bt-Insektengift produzieren.
In den letzten Jahren wurden mehrfach Publikationen über unerwartete negative Umwelteffekte beim Anbau von Gentechnik-Ackerpflanzen veröffentlicht. Nach Ansicht von Testbiotech zeigt sich, dass die Wechselwirkungen der Gentechnikpflanzen mit ihrer Umwelt nicht ausreichend geprüft werden. Aus der massenhaften Freisetzung von Organismen, die nicht aus evolutionären Prozessen hervorgegangen sind, ergeben sich wesentlich komplexere Risiken für die Ökosysteme, als ursprünglich angenommen wurde.
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