Möglichkeit zur öffentlichen Kommentierung
7. Oktober 2021 / Während die EU-Kommission in der Diskussion um Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT) offiziell für eine angemessene Regulierung und hohe Sicherheitsstandards eintritt, scheint sie in Wirklichkeit eine andere Strategie zu verfolgen: Ein Ende September 2021 veröffentlichtes Dokument, das sich mit der zukünftigen Gentechnik-Gesetzgebung befasst, zeigt die Absicht einer weitreichenden Deregulierung. Dabei werden die Risiken, die mit dem Einsatz der NGT einhergehen, entweder nicht ausreichend berücksichtigt oder auch komplett ignoriert.
Es ist zu befürchten, dass die EU-Kommission neue Gesetze vorschlägt, die die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausreichend berücksichtigen, sondern von den Interessen der Akteure getrieben wird, die entsprechende Pflanzen entwickeln und vermarkten wollen.
Die EU-Kommission sollte ihre Vorschläge in ausgewogener Weise ausarbeiten und wissenschaftlich gut begründen. Sie sollte daher ihre bisherigen Annahmen korrigieren und zunächst einen geeigneten Prozess starten, um die relevanten Fakten zu bewerten und zu integrieren.
Dabei ist unter anderem zu berücksichtigen:
Mit Hilfe von Werkzeugen wie der Gen-Schere CRISPR/Cas können neue Genotypen (Genkombinationen) und Phänotypen (züchterische Eigenschaften) erzielt werden, die weit über das hinausgehen, was mit der konventionellen Züchtung zu erreichen ist. Das gilt auch dann, wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt werden. Bedingt durch die jeweiligen Verfahren können sich auch die unbeabsichtigten Effekte erheblich von denen unterscheiden, die aus herkömmlicher Züchtung bekannt sind.
Mit Werkzeugen wie CRISPR/Cas kann man auch Mutationen auslösen, die schon aus der konventionellen Züchtung bekannt sind. Doch es ist nicht plausibel, dass Firmen vor allem an züchterischen Ergebnissen interessiert sein sollen, die auch mit herkömmlichen Verfahren erreichbar sind. Anders ist die Situation nur im Falle von Patentanträgen: Hier wird insbesondere die Gen-Schere CRISPR/Cas oft zusätzlich dazu genutzt, um genetische Veränderungen nachzuahmen, die durch konventionelle Verfahren erzielt werden. Das Ziel: Diese Patente sollen sich auch auf die konventionelle Züchtung erstrecken, um die Saatgut-Monopole auszuweiten.
Im Hinblick auf Klimawandel, Nachhaltigkeit und Artenschutz müssen die Potentiale der NGT sehr kritisch bewertet werden. Die NGT-Pflanzen können die Interaktionen mit der Umwelt erheblich stören und so zu ganz neuen Problemen führen. Zudem kann man auch mit NGT keine Nutzpflanzen erzeugen, die gegen alle widrigen Einflüsse zum jeweils richtigen Zeitpunkt ausreichend geschützt sind.
Transparenz, die Wahrung der Wahlfreiheit und die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft sollten als große Erfolge der bestehenden EU-Regulierung angesehen werden. Zudem konnte dank der bestehenden Regelungen auch eine unkontrollierte Ausbreitung von gentechnisch veränderten Pflanzen, wie sie in vielen Anbauregionen beobachtet wird, weitgehend vermieden werden. Diese Vorteile sollten nicht gerade dann aufgegeben werden, wenn die NGT eine beständige und umfassende Überwachung immer dringlicher macht. Im Gegenteil: Angesichts der neuen gentechnischen Verfahren muss das Vorsorgeprinzip gestärkt werden.
Wird die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen nicht ausreichend reguliert,
> ist die Schädigung der Ökosysteme und der biologischen Vielfalt eine wahrscheinliche Folge;
> können sich bei der Erzeugung von Lebensmitteln unbemerkt Risiken einschleichen;
> wird es unmöglich, Daten zur Überprüfung der Risiken zu erheben und von unabhängigen ExpertInnen überprüfen zu lassen;
> können keine Maßnahmen gegen eine unkontrollierte Ausbreitung der Organismen ergriffen werden;
> bestehen kaum mehr Möglichkeiten zur Identifizierung und Rückverfolgung der Organismen sowie der aus ihnen hergestellten Produkte;
> kann die gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung nicht geschützt werden.
Kontakt:
Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org