Unkontrollierte Ausbreitung von Gentechnik-Raps: ein globales Problem

Auch EU-Länder betroffen

17. Dezember 2021 / Eine aktuelle Publikation aus Korea zeigt, dass eine unkontrollierte Ausbreitung von gentechnisch verändertem Raps bereits in 14 Ländern auf fünf Kontinenten dokumentiert wurde. Betroffen sind Länder, die Gentechnik-Raps selbst anbauen (wie USA und Kanada), in Freilandversuchen getestet haben (wie z.B. Deutschland) oder lediglich importieren (wie Japan). Zu diesen dokumentierten Fällen kommt eine wohl hohe Dunkelziffer, weil vielfach eine systematische Beobachtung fehlt.

Der Raps ist resistent gegenüber Unkrautvernichtern wie Glyphosat und überdauert oft schon seit mehreren Jahren auf und neben den Feldern und entlang von Transportrouten. Dabei zeigt er oft ein höheres Ausbreitungspotential als ursprünglich angenommen.

Die Langzeitrisiken sind schwer vorhersagbar, weil sich bei den Nachkommen von Gentechnik-Pflanzen auch Eigenschaften zeigen, die ursprünglich nicht beobachtet wurden. Dafür verantwortlich sind unter anderem unbeabsichtigte Effekte der gentechnischen Veränderung. So produzieren Nachkommen von Gentechnik-Pflanzen nicht selten eine höhere Anzahl an Samen und zeigen einen stärkeren Wuchs. In einigen Regionen ist die Ausbreitung von GV-Pflanzen bereits zu einer Gefahr für die biologische Vielfalt geworden: Nachkommen von Gentechnik-Baumwolle, die sich in Mexiko ausbreiten, gefährden die wilden Ursprungsformen der Art.

Dagegen ist das Problem in der EU bisher eher noch punktuell. Grund dafür ist eine Gesetzgebung, die dem Vorsorgeprinzip folgt und den kommerziellen Anbau von Gentechnik-Pflanzen mit starkem Ausbreitungspotential nicht erlaubt. Wichtig ist auch, dass ungewollte Effekte, die mit den gentechnischen Veränderungen einhergehen, in jedem Fall untersucht und entsprechende Daten auch öffentlich zugänglich gemacht werden müssen.

Zudem sind Nachweisverfahren vorgeschrieben, die das Aufspüren der Pflanzen in der Umwelt ermöglichen. Regeln für die Kennzeichnung geben den LandwirtInnen eine gewisse Sicherheit, dass es nicht ungewollt zur Aussaat von Gentechnik-Pflanzen kommt.

Laut Testbiotech ist es ein Grund zur Besorgnis, dass die EU-Kommission viele dieser bisherigen Vorteile der Gentechnik-Gesetzgebung aufgeben will, wenn es um die Neue Gentechnik geht. Diese könnte weitgehend an die industriefreundlichen Gesetze von Kanada, den USA oder Japan angeglichen werden.

Die Folge: Viele der Pflanzen, die mit der neuen Gen-Schere CRISPR/Cas in ihrem Erbgut verändert werden, würden in Zukunft nicht auf unbeabsichtigte Effekte und Risiken untersucht, die durch die Verfahren ausgelöst werden. Auch Nachweisverfahren und Kennzeichnung wären nicht mehr vorgeschrieben. Gleichzeitig könnten innerhalb kurzer Zeiträume sehr viele gentechnisch veränderte Organismen in die Umwelt gelangen.

Die jetzt von der EU-Kommission angestrebte Deregulierung würde nach Analyse von Testbiotech daher eine schwerwiegende Bedrohung für die Ökosysteme und die Grundlagen der Ernährung bedeuten. Gerade angesichts des großen technischen Potentials der Neuen Gentechnik muss die Gesellschaft die Kontrolle über ihre Anwendungen behalten. Nicht zuletzt hat auch der EuGH in seinem Urteil von 2018 davor gewarnt, Organismen, die mit neuen Gentechnikverfahren hergestellt wurden, von der bestehenden Gesetzgebung auszunehmen: Dies würde dem Vorsorgeprinzip widersprechen.

Kontakt:
Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.de

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