Wie CRISPR/Cas & Co. dazu dienen, neue Patentmonopole zu schaffen
4. Juli 2023 / Ein heute von Testbiotech veröffentlichter Bericht zeigt eine wachsende Anzahl von Patenten in Zusammenhang mit der ‚Neuen Gentechnik‘ (NGT). Von diesen Patenten kann auch die konventionelle Pflanzenzucht betroffen sein. Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird, droht das Erbgut von Pflanzen zu einem Minenfeld von Patentmonopolen zu werden.
Corteva (früher DowDuPont) und Bayer (zusammen mit Monsanto) haben die höchste Anzahl von Patenten, die für Firmen in diesem Zusammenhang erteilt wurden, und auch die höchste Anzahl an Patentanträgen: Corteva hat bis Ende 2022 fast 100 und Bayer mehr als 60 Patente angemeldet. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte das Europäische Patentamt bereits rund 30 dieser Patente für Corteva erteilt. Es wird angenommen, dass diese US-Firma schon seit mehreren Jahren eine dominierende Marktposition bei NGT-Pflanzen innehat.
In den letzten beiden Jahren fielen auch kleinere Firmen mit mehreren Patentanträgen auf, insbesondere die US-Firmen Pairwise (u.a. in Kooperation mit Monsanto) und Inari. Testbiotech analysierte die Anträge von Inari genauer und stellte fest, dass die meisten Patente auf ‚Second-Hand‘-Gentechnik angemeldet wurden: Die CRISPR/Cas-Technologie wird dazu verwendet, um Transgene, die mit Hilfe der ‚alten Gentechnik‘ in das Erbgut inseriert wurden, zu entfernen, zu verändern oder mit weiteren Eigenschaften zu kombinieren.
Die Patente erstrecken sich sowohl auf die technischen Verfahren, als auch auf die daraus resultierenden Pflanzen. Wenn Transgene aus diesen Pflanzen entfernt, geringfügig verändert oder mit anderen Eigenschaften kombiniert werden, beansprucht Inari die resultierenden Pflanzen als neue Erfindung. Inari hat öffentlich behauptet, die Monopole der großen Konzerne herausfordern zu wollen. Allerdings scheint die Firma die CRISPR/Cas-Technologie vor allem dazu zu verwenden, selbst neue Patentmonopole auf bereits existierendes Pflanzenmaterial anzumelden und dadurch auch den Einsatz von transgenen Pflanzen aus ‚alter Gentechnik‘ zu verlängern.
Es gibt weitere Beispiele für Patentanträge und auch erteilte Patente, welche die traditionelle Züchtung erheblich einschränken könnten. Tatsächlich hat die CRISPR/Cas-Technologie mindestens ‚zwei Gesichter‘: Auf der einen Seite wird die Neue Gentechnik dafür eingesetzt, Pflanzen mit bestimmten Eigenschaften zu generieren. Aber in Zusammenhang mit Patenten dient die Technologie häufig nur als ‚technische Dekoration‘ , um Patente auch auf zufälligerweise vorkommende Genvarianten durchzusetzen. Die Firmen wollen offensichtlich den Zugang zur biologischen Vielfalt auch dann kontrollieren, wenn keine Gentechnik eingesetzt wird.
Da diese Entwicklungen den Zielen der EU in Bezug auf eine nachhaltigere Landwirtschaft widersprechen, müsste eine Technikfolgenabschätzung durchgeführt werden, um mögliche negative Auswirkungen besser beurteilen zu können. Es müsste sichergestellt werden, dass zumindest die traditionelle Pflanzenzucht und zufällig entstandene Genvarianten nicht von Patenten betroffen sind.
Eine Technikfolgenabschätzung wird auch notwendig sein, um mögliche Problemlösungen von jenen Anwendungen unterscheiden zu können, die in erster Linie von der Aussicht auf Patente und Profite getrieben werden. Vor dem Hintergrund einseitiger kommerzieller Interessen, die oft hinter der Neuen Gentechnik stehen, sind nach Ansicht von Testbiotech die Institutionen der EU dazu verpflichtet, die Interessen der Öffentlichkeit zu verteidigen und das Feld nicht allein der Gentechnik-Industrie zu überlassen.
Kontakt: Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040