Testbiotech warnt vor der weitreichenden Deregulierung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik

Umfassende Analyse des Gesetzesvorschlags der EU-Kommission

31. August 2023 / Zum Vorschlag der EU-Kommission, Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT) künftig zu deregulieren, hat Testbiotech heute eine umfassende Analyse im Rahmen einer EU-Konsultation vorgelegt. Bisher müssen alle Organismen, die aus gentechnischen Verfahren stammen, eine Risikoprüfung durchlaufen, bevor sie freigesetzt, angebaut oder als Lebensmittel verzehrt werden dürfen. Die Kommission will dieses Grundprinzip der EU-Gesetzgebung jetzt aufgeben. Testbiotech warnt vor einer weitreichenden Deregulierung.

In Zukunft ist für die meisten NGT-Pflanzen anstatt der bisher üblichen Risikoprüfung nur noch ein Eintrag in ein Register vorgesehen. Derartige NGT-Pflanzen würden konventionell gezüchteten Pflanzen rechtlich gleichgestellt, d.h. dereguliert, auch wenn sie biologisch unterschiedlich sind.

Angewandt werden soll das neue Regelwerk nicht nur auf einjährige Ackerpflanzen. Auch wilde, nicht domestizierte Arten, die bspw. zu Bäumen, Wildkräutern, Gräsern, Moosen oder Algen gehören und sich auch in besonders sensiblen Ökosystemen ausbreiten können, dürften ohne weitere Kontrollen in die Umwelt entlassen werden. Welche Folgen das für Natur und Umwelt hätte, würde nicht überwacht. Konzepte und Maßnahmen, um entsprechende Pflanzen bei Bedarf wieder aus der Umwelt zu entfernen, sind nicht vorgesehen.

Insbesondere die Gen-Schere CRISPR/Cas hat das Potential, Genfunktionen und Eigenschaften von Pflanzen so zu verändern, wie es durch konventionelle Zucht nicht zu erwarten wäre. Im Vergleich zu transgenen Pflanzen sind die Risiken für Mensch und Umwelt keineswegs geringer.

Bei Pflanzen treten viele Mutationen auch natürlicherweise auf oder entstehen bei Verfahren zur ungezielten Mutagenese. Die meisten dieser Mutationen haben aber keine direkte Wirkung auf den Phänotyp der Pflanzen. Wenn sie die Eigenschaften der Pflanzen beeinflussen, geht dies in der Regel nicht über die natürliche Bandbreite der Eigenschaften der jeweiligen Art hinaus. Diese biologischen Grenzen gelten aber für die Gen-Schere nicht oder nur sehr eingeschränkt. Auch ohne Einfügung von zusätzlichen Genen können mit Hilfe von NGT beabsichtigte und unbeabsichtigte Veränderungen ausgelöst werden, die über die bekannten Merkmale der Arten hinausgehen.

Das technische Potential, aber auch die technischen Mängel von Werkzeugen wie CRISPR/Cas machen es notwendig, dass alle Gentechnik-Organismen auch in Zukunft einer genauen Risikoprüfung unterliegen. Dazu gehören geeignete Analyseverfahren, um die beabsichtigten und unbeabsichtigten genetischen Veränderungen, die durch die Prozesse der NGTs verursacht werden, auf direkte und indirekte, unmittelbare oder verzögerte sowie kumulative langfristige Auswirkungen zu bewerten.

NGT-Pflanzen, die das Potential haben, in der Umwelt über mehrere Jahre zu überdauern, sich fortzupflanzen oder auszubreiten, müssen dabei besonders genau geprüft werden und dürfen im Zweifel nicht freigesetzt werden. Generell sollte die Einbringung von gentechnisch veränderten Organismen in die Umwelt möglichst begrenzt werden. Wie es auch sonst in sensiblen Bereichen des Naturschutzes die Regel ist, müssen Eingriffe in die Umwelt so weit wie möglich vermieden werden.

Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040

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