Anfang Februar finale Abstimmung im Plenum
24. Januar 2024 / Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hat heute einer weitreichenden Deregulierung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT) zugestimmt. Vorangegangen war eine massive Lobbykampagne der Industrie und mit ihr verbündeter Akteure, die von der EU-Kommission unterstützt wurde.
Damit könnten laut dem Beschluss des Ausschusses gentechnisch veränderte Pflanzen mit völlig neuen Eigenschaften in die Umwelt entlassen und zur Gewinnung von Lebensmitteln verwendet werden, ohne vorher ausreichend auf Risiken untersucht zu werden. Betroffen wären sogar Bäume und Sträucher, Gräser und andere Wildpflanzen, da der Vorschlag zur Deregulierung nicht nur auf Ackerpflanzen beschränkt ist. Die Auswirkungen auf die Ökosysteme und die biologische Vielfalt könnten desaströs sein.
Allerdings hat der Ausschuss auch einige Hürden für eine unkontrollierte Markteinführung von NGT-Pflanzen verankert: So werden umfassende molekulargenetische Daten verlangt, bevor eine Pflanze als sicher erklärt werden kann. Droht eine unkontrollierte Ausbreitung, sollen die Anträge auf Einführung von NGT-Pflanzen mit größter Vorsicht behandelt werden. Doch es scheint fraglich, welche Wirkung diese Änderungen tatsächlich entfalten werden.
Stimmt das Plenum des EU-Parlaments den Vorschlägen des Ausschusses zu, würden die Interessen von VerbraucherInnen und gentechnikfreien LebensmittelherstellerInnen erheblichen Schaden nehmen, da Kennzeichnung nicht mehr vorgeschrieben und eine Trennung der Produktionswege kaum mehr möglich wäre.
Das Problem der Patentierung bleibt ungelöst. Mit dem heutigen Beschluss wird der falsche Eindruck erweckt, dass die EU Patente auf NGT-Pflanzen verbieten könne. An die Stelle von wirkungsvollem Handeln tritt so eine Symbolpolitik, die darauf abzielt, die Akzeptanz der Neuen Gentechnik zu steigern. In der Folge können sogar Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen erteilt werden.
Nach dem EU-Parlament muss der EU-Ministerrat seine Position noch abstimmen. Sowohl im Parlament als auch im Ministerrat hat die Kritik an der geplanten Deregulierung zuletzt deutlich zugenommen.
Testbiotech warnt davor, alte Fehler zu wiederholen: 1998 hatte sich die Industrie mit Hilfe der EU-Kommission bei der Frage der Patentierung von Patenten auf Pflanzen und Saatgut durchgesetzt. Damit konnten gentechnisch veränderte Pflanzen in Europa erstmals patentiert werden. Vorangegangen war eine Kampagne der Industrie, die ExpertInnen und zivilgesellschaftliche Gruppen für ihre Zwecke instrumentalisiert hatte. Heute würden viele Abgeordnete diesen Fehler gerne korrigieren. Doch das erweist sich als kaum möglich. Auch die jetzt anstehende Entscheidung könnte für nachfolgende Generationen schwerwiegende und kaum korrigierbare Folgen haben. Testbiotech fordert das Plenum des EU-Parlaments deswegen dringend dazu auf, dem vorliegenden Text nicht zuzustimmen.
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Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel + 49 151 54638040