Erster Freisetzungsversuch mit NGT-Reis in Italien geplant
15. April 2024 / In Italien soll dieses Jahr ein erster europäischer Freisetzungsversuch mit Reis aus Neuer Gentechnik (NGT) stattfinden. Die Pflanzen sollen resistent gegen den Reisbrandpilz Pyricularia oryzae sein, der zu Ernteausfällen führt. Auch in einigen anderen europäischen Ländern wie Belgien, Großbritannien, Schweden und der Schweiz sind Freisetzungen mit NGT-Pflanzen geplant oder bereits in der Durchführung.
Die Genkombination des NGT-Reis unterscheidet sich von Reis aus konventioneller Züchtung: Die gentechnischen Veränderungen betreffen drei Gene, die alle auf einem Chromosom und zum Teil sehr nahe beieinander liegen. Mit herkömmlicher Züchtung wäre die neue Genkombination deswegen kaum erreichbar. Die betroffenen Gene haben vielfältige Funktionen, unter anderem wurde auch ein Gen ausgeschaltet, das die Resistenz gegen andere Pflanzenkrankheiten verstärken kann. Unklar ist ebenfalls, ob sich die Wechselwirkungen zwischen den NGT-Pflanzen und mit ihnen assoziierten Bodenorganismen verändern. Das Beispiel zeigt, dass NGT-Pflanzen vor dem Einsatz in der Landwirtschaft eingehend auf Risiken untersucht werden müssen.
Testbiotech kritisiert, dass die Versuche in einem Gebiet geplant sind, in dem kommerzieller Reisanbau stattfindet. Trotz Sicherheitsvorkehrungen könnten die neuen Genkombinationen so in nah verwandte Unkräuter (‚weedy rice‘) gelangen. In Populationen von unkrautartigem Reis könnten die neuen Genkombinationen überdauern und andere, überraschende Wirkungen zeigen als in den Kulturpflanzen, zudem könnten die Gene so auch auf umliegende Felder gelangen.
Auch in anderen europäischen Ländern werden Freisetzungsversuche durchgeführt. Die meisten finden derzeit in Großbritannien statt, wo u.a. Tomaten, Weizen und Kartoffeln im Freiland experimentell angebaut werden. Dort wurden Pflanzen aus Neuer Gentechnik bereits weitgehend dereguliert, während die Beratungen in der EU noch andauern.
Nach Ansicht von Testbiotech müssten NGT-Pflanzen vor einem möglichen Einsatz in der Landwirtschaft tatsächlich unter kontrollierten Bedingungen im Labor und Gewächshaus und, insbesondere im Falle von neuen Genkombinationen, auch im Freiland auf Risiken und unerwünschte Eigenschaften getestet werden.
Auch die französische Behörde ANSES (l’Agence nationale de sécurité sanitaire de l’alimentation, de l’environnement et du travail), die deutsche Behörde BfN (Bundesamt für Naturschutz) und das österreichische UBA (Umweltbundesamt) kommen zu dem Ergebnis, dass NGT-Pflanzen erst eingehend untersucht werden müssen, bevor Aussagen über ihre Sicherheit getroffen werden können.
Dagegen schlägt die EU-Kommission vor, dass NGT-Pflanzen, wie der Reis in Italien, nur registriert werden und keine Risikoprüfung durchlaufen sollen.
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Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040