Versuche an menschlichen Embryonen führen zu Verlust von ganzem Chromosom
11. November 2020 / Eine neue Publikation berichtet über Versuche mit der Gen-Schere CRISPR/Cas9 an menschlichen Embryonen. Ziel der Versuche in den USA war die Korrektur einer Mutation, die eine Erbkrankheit verursacht. Diese kann zum Erblinden führen (Retinitis pigmentosa). Die Gen-Schere sollte dazu die fehlerhafte Gensequenz durchtrennen. Es wurde erwartet, dass der Fehler im Erbgut dann durch zelleigene Reparaturprozesse korrigiert würde. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Bei mehreren Embryonen gingen große Teile oder auch das ganze Chromosom 6 verloren, auf dem sich das Ziel-Gen befindet. Zudem entstanden am Ziel-Gen weitere ungewollte Mutationen.
Die Gen-Schere durchtrennte zwar, wie erwartet, beide DNA-Stränge im Bereich des Ziel-Gens. Jedoch waren einige Zellen anschließend nicht in der Lage, den so entstandenen ‚Doppelstrangbruch‘ der DNA ordnungsgemäß zu reparieren und wieder zu verschließen. Bei weiteren Zellteilungen ging in einigen Embryonen deswegen das betroffene Chromosom ganz oder zu großen Teilen verloren.
Zusätzlich traten ungewollte Veränderungen auch an einem anderen Gen auf, das dem Ziel-Gen ähnlich ist, aber auf einem anderen Chromosom zu finden ist. Diese unbeabsichtigte Aktivität der Gen-Schere CRISPR/Cas9 bewirkte bei manchen Embryonen den Verlust auch dieses Chromosoms.
Der Verlust von chromosomalen Abschnitten kann erhebliche negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Embryos haben: Es können Krebszellen entstehen, Geburtsfehler auftreten oder der Embryo kann vor der Geburt absterben.
Nach Ansicht von Testbiotech gibt es derzeit eine Tendenz zu ethisch fragwürdigen Versuchen mit der Gen-Schere, bei denen menschliche Embryonen ‚verbraucht‘ werden. Dabei zeigt sich immer deutlicher, dass die Anwendung der Gen-Schere CRISPR/Cas9 keineswegs so sicher und präzise ist, wie oft behauptet wird. Eine Vielzahl von Publikationen zeigt, dass die Gen-Schere bei Pflanzen, Tieren und menschlichen Zellen sehr oft fehlerhaft arbeitet: Die Herbeiführung von Doppelstrangbrüchen begünstigt das Auftreten von unbeabsichtigten Veränderungen, wie z.B. dem ungewollten Einbau zusätzlicher DNA-Fragmente oder Umstrukturierungen im Bereich des Zielgens. Auch eine Verwechslung der Zielgene tritt häufig auf. Sogar der teilweise Verlust von Chromosomen wurde bereits mehrfach beobachtet.
2020 wurde die Entwicklung der Gen-Schere CRISPR/Cas mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet, obwohl sich aus ihrer Anwendung viele Risiken und ethische Probleme ergeben. Die Hinweise mehren sich, dass die bisher am häufigsten eingesetzten Gen-Scheren für wirklich präzise und sichere Eingriffe ins Erbgut nicht geeignet sind.
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