CRISPR-Rinder in den USA zugelassen

EU könnte von Importen betroffen sein

21. März 2022 / In den USA hat die Aufsichtsbehörde FDA (Food and Drug Administration) mit CRISPR/Cas veränderte Rinder, deren Haarwuchs verringert ist, zur landwirtschaftlichen Nutzung zugelassen. Das dünnere Fell soll helfen, die Anpassung der Tiere an höhere Temperaturen zu erleichtern und so u.a. schnellere Gewichtszunahmen ermöglichen. Doch die angeblichen Vorteile des Einsatzes der Gen-Schere sind fraglich. Die erwünschten Merkmale können auch mit konventioneller Zucht erreicht werden.

Vermarktet werden sollen die Tiere über die Firma Recombinetics und deren Tochterunternehmen Acceligen, die auch Patente auf die Rinder angemeldet haben. Die Firmen setzten die Gen-Schere CRISPR/Cas ein, um Gene für einen Rezeptor des Hormons Prolactin zu verändern. Ziel ist, den Haarwuchs der Tiere zu verringern. Dieses züchterische Merkmal, bekannt unter dem Namen SLICK, ist bereits von Rindern aus traditioneller Zucht bekannt; diese sollen laut verschiedener Untersuchungen besser mit höheren Umgebungstemperaturen zurechtkommen.

Es ist bereits der zweite Anlauf in den USA, Rinder zur Zulassung zu bringen, deren Erbgut mit Gen-Scheren verändert wurde. 2019 lehnte die FDA die Zulassung von Rindern ab, denen dank Neuer Gentechnik keine Hörner wuchsen. Damals zeigte sich, dass durch die Gentechnikverfahren ungewollt auch bakterielle Gene in das Erbgut der Rinder übertragen worden waren. Die fehlerhaften Gene hatten sich bereits auf die nächste Generation vererbt. Die betroffenen Tiere mussten getötet werden. An diesen Versuchen waren auch ExpertInnen beteiligt, die jetzt die Zulassung der SLICK-Gentechnik-Rinder als Erfolg preisen.

Auch die nun zugelassenen Rinder weisen ungewollte genetische Veränderungen auf, welche allerdings als weniger bedenklich angesehen werden. Ob die Tiere aber tatsächlich langfristig gesund sind, ist den Unterlagen der Behörde nicht zu entnehmen. Der Grund: Es wurden lediglich vier Kälber untersucht, von denen eines nicht gentechnisch verändert war, wohl weil die Gen-Schere nicht funktioniert hatte. Ein anderes starb unerwartet, wobei die US-Behörde annimmt, dass der Tod des Tieres nicht ursächlich auf die gentechnische Veränderung zurückzuführen ist.

Bei dem Verfahren wurden die Gen-Scheren in Embryonen injiziert, die dann von Leihmutter-Kühen ausgetragen wurden. Dabei ist in der Regel mit Ausfällen und kranken Tieren zu rechnen. Auffällig ist, dass auch die beiden ‚erfolgreich‘ manipulierten Rinder nicht in all ihren Zellen gleichermaßen gentechnisch verändert sind. Man spricht von einem genetischen Mosaik oder auch von Chimärenbildung.

ExpertInnen warnen davor, dass Zuchtmaterial der Tiere wie Sperma auch in die EU importiert werden könnte. Entsprechende Importe würden dem Gentechnikrecht unterliegen. Vor diesem Hintergrund müsste die Firma einen Zulassungsantrag stellen und ein geeignetes Nachweisverfahren entwickeln. Geht es nach den Plänen der EU-Kommission, könnten die Gesetze jedoch in naher Zukunft geändert werden und mögliche Importe auch ohne wirksame Kontrollen durchgeführt werden. Testbiotech warnt davor, dass sich das Erbgut der Gentechnik-Tiere und damit auch mögliche Erbfehler dann rasch in Rinderherden ausbreiten könnten.

Ob es tatsächlich einen Bedarf für derartige Tiere gibt, ist zweifelhaft: Aus Sicht der Technikfolgenabschätzung weisen die Gentechnik-Tiere im Vergleich zu jenen aus konventioneller Zucht keine erheblichen Vorteile auf. Dagegen dürften die Unsicherheiten, die mit den ungewollten gentechnischen Veränderungen einhergehen, die zusätzlich durchgeführten Tierversuche und die Auswirkungen der Patentierung für viele TierhalterInnen eher abschreckend wirken.

Kontakt:
Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.de

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