Breites Spektrum an ungeklärten Risiken
03. Februar 2021 / In Japan wurde im Januar eine erste ‚CRISPR-Tomate‘ zum Verzehr freigegeben. Die Gentechnik-Pflanzen sollen an KleingärtnerInnen abgegeben werden. In den Tomaten ist der Gehalt eines Inhaltsstoffes (GABA) um ein Vielfaches höher als in Früchten aus konventioneller Züchtung. Dieses Beispiel zeigt, dass der Einsatz der ‚Gen-Schere‘ CRISPR/Cas auch dann tiefgreifende Veränderungen ermöglicht, wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt werden. Mit Anbau und Verzehr der Tomate geht ein breites Spektrum an Risiken einher.
Der Inhaltsstoff GABA (γ-Aminobuttersäure) kann die Übertragung bestimmter Reize im zentralen Nervensystem hemmen, weswegen er u.a. eine blutdrucksenkende Wirkung hat. Entsprechend werden die Früchte als modernes Lifestyle-Produkt angepriesen. Gleichzeitig hat GABA viele verschiedene Funktionen in den Tomatenpflanzen: U.a. werden das Wachstum der Pflanzen, die Resistenz gegen Schädlinge und Pflanzenkrankheiten und viele weitere Stoffwechselfunktionen beeinflusst. Dies zeigen auch vorangegangene Versuche mit der Gen-Schere CRISPR/Cas, bei denen der Gehalt an GABA noch stärker erhöht wurde: Hier zeigten die betroffenen Pflanzen erhebliche Wachstumsstörungen.
Natürlicherweise steigt der Gehalt an GABA in Pflanzen u.a. bei Schädlingsbefall. Dagegen waren Versuche, den Gehalt an GABA mittels konventioneller Züchtung dauerhaft zu steigern, erfolglos. Bei der Untersuchung von 4500 Pflanzen, die mit herkömmlichen Verfahren, ohne den Einsatz von Gentechnik mutiert wurden, fand sich keine einzige Tomate mit den gewünschten Eigenschaften. Mit der Gen-Schere CRISPR/Cas wurde jetzt die Funktion mehrerer Gene gestört, die regulierenden Einfluss auf den Gehalt von GABA haben.
Testbiotech sieht in den Tomaten ein gutes Beispiel dafür, dass Pflanzen, die mit Neuer Gentechnik verändert wurden, eingehend auf Risiken für Mensch und Umwelt untersucht werden müssen, bevor ein Urteil über deren Sicherheit gefällt werden kann: Bedingt durch die vielfältigen Funktionen von GABA ist anzunehmen, dass der Eingriff ins Erbgut den Stoffwechsel der Tomaten auf verschiedenen Ebenen beeinflusst. Das kann auch zu ungewollten gesundheitlichen Auswirkungen beim Verzehr der Früchte führen. Zudem können die Pflanzen veränderte Reaktionen auf Umwelteinflüsse zeigen, was wiederum auch Einfluss auf die Inhaltsstoffe der Früchte und deren Verträglichkeit haben kann. Das macht auch einen Anbau in Kleingärten, wo die Anbaubedingungen sehr unterschiedlich sein können, problematisch.
Nach Aussagen einer japanischen Verbraucherschutzorganisation gab es keine eingehende Untersuchung der Risiken. Die Behörden scheinen sich vielmehr auf die Angaben der japanischen Firma zu verlassen: Die Firma Sanatech Seed wurde von WissenschaftlerInnen gegründet, die bereits mehrere Patente auf Gentechnik-Pflanzen angemeldet haben. Der Streit um Patentrechte könnte jetzt auch dazu führen, dass die Tomaten gar nicht auf den Markt gelangen: Es gibt bereits eine Patentanmeldung anderer WissenschaftlerInnen, die große Ähnlichkeit mit dem von Sanatech eingesetzten Verfahren aufweist. Aus Japan heißt es, dass die Einführung der Tomaten tatsächlich durch Urheberrechte behindert wird. Möglicherweise sollen die KleingärtnerInnen aus diesem Grund auch dazu verpflichtet werden, die Tomaten nur selbst zu verzehren und nicht weiterzugeben.
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Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040