Grund sind Verfahrensmängel
13. April 2023 / Wie verschiedene Quellen melden, wird die EU-Kommission wohl nicht wie geplant am 7. Juni einen Gesetzesvorschlag zur (De-)Regulierung von Pflanzen aus ‚Neuer Gentechnik‘ (NGT) vorlegen können. Grund dafür sind Verfahrensmängel, die auch von Testbiotech mehrfach kritisiert worden waren. So weigerte sich die Kommission bisher, die Risiken für Mensch und Umwelt umfassend zu bewerten. Auch im Hinblick auf Technikfolgenabschätzung und die Wahlfreiheit der VerbraucherInnen hatte die EU-Kommission keine ausreichenden Konzepte vorgelegt.
Das Stopp-Signal für das weitere Vorgehen kam von der EU-Kommission selbst: Der Ausschuss für Regierungskontrolle ist ein eigenständiges Gremium innerhalb der Kommission und für die Qualitätssicherung im Frühstadium von Gesetzgebungsprozessen zuständig. Nach verschiedenen Verlautbarungen sieht dieses Gremium erhebliche Probleme mit der Art und Weise, wie die zuständige Abteilung der Kommission, die DG SANTE, Gutachten eingeholt, Konsultationen durchgeführt und eigene Berichte verfasst hatte. Zu ähnlichen Ergebnissen wie der Ausschuss war bereits zuvor ein Bericht gekommen, der vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) in Auftrag gegeben worden war.
Nach Einschätzung von Testbiotech könnte ein Stopp des Gesetzesvorhabens das Vertrauen in die Institutionen erheblich stärken. Zu offensichtlich hatte die DG SANTE im Rahmen ihrer Beratungen wichtige Sachverhalte einfach ausgeklammert. Damit droht eine überstürzte und unkontrollierte Einführung von gentechnisch veränderten Pflanzen mit erheblichen Risiken für Mensch und Umwelt, aber auch für Züchtung, Landwirtschaft und Lebensmittelwirtschaft. Sollte die Stellungnahme des Ausschuss für Regierungskontrolle jetzt zu wirksamen Maßnahmen führen, wäre dies auch ein wichtiges Signal für die demokratische Glaubwürdigkeit der EU.
Testbiotech fordert einen weitgehenden Neustart des Gesetzgebungsprozesses. Aus wissenschaftlicher Perspektive ist klar, dass die Potentiale und Risiken der Neuen Gentechnik weit über das hinausgehen, was bei konventioneller Züchtung zu erwarten ist. Daraus folgt, dass eine verpflichtende Risikoprüfung notwendig ist. Dies hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits 2018 festgestellt. Anstatt die Deregulierung voranzutreiben, muss darüber diskutiert werden, welche Methoden und Maßnahmen geeignet sein könnten, um das technische Potential von Instrumenten wie der Gen-Schere CRISPR/Cas nutzen zu können. Gleichzeitig müssen in Hinblick auf die Risiken klare gesetzliche Grenzen gesetzt werden.
Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040