Neue wissenschaftliche Publikation zeigt Notwendigkeit für genaue Prüfung der ökologischen Risiken
30. März 2021 / Eine neue wissenschaftliche Publikation im Fachjournal Environmental Sciences Europe gibt einen Überblick darüber, welche ungewollten Auswirkungen eine Freisetzung von genomeditierten Pflanzen auf Ökosysteme haben kann. Diese ergeben sich aus den beabsichtigten Eigenschaften, die durch Genome Editing herbeigeführt wurden und die an verschiedenen Stoffwechselprozessen mitwirken können. Die Publikation beruht auf der Arbeit der Fachstelle Gentechnik und Umwelt (FGU) und ist weltweit eine der ersten, die die ökologischen Risiken bestimmter CRISPR-Pflanzen in den Fokus stellt.
Die Verfahren des Genome Editing, bei denen überwiegend die ‚Gen-Schere‘ CRISPR/Cas zum Einsatz kommt, erhöhen die Möglichkeiten und die Geschwindigkeit, mit denen das Erbgut von Pflanzen verändert werden kann. Dabei kommt es nicht darauf an, ob zusätzliche Gene in das Erbgut eingebaut werden. Auch kleine genetische Veränderungen, die gerade für neuartige Eigenschaften mehrfach und in Kombination eingeführt werden, können Stoffwechselwege und Inhaltsstoffe erheblich verändern. Deswegen müssen Pflanzen mit neuen Eigenschaften auch dann eingehend auf Risiken geprüft werden, wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt werden.
Die Studie erklärt anhand des Leindotters (Camelina sativa), welche ungewollten Auswirkungen die Freisetzung einer genomeditierten Kulturpflanze auf Ökosysteme haben kann. Leindotter ist reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Gentechnische Arbeiten mithilfe der Genschere zielen darauf ab, den Anteil der Ölsäure in seinen Samen zu erhöhen und den Anteil an leicht oxidierbaren Fettsäuren zu reduzieren. Damit soll das aus dem Leindotter gewonnene Öl länger haltbar bleiben.
Leindotter besitzt einen sechsfachen Chromosomensatz und ist daher ein anschauliches Beispiel dafür, dass auch kleine Veränderungen des Erbguts durch die Genschere CRISPR/Cas große Auswirkungen haben können: Mithilfe der Genschere wurden im Erbgut des Leindotters gleich 18 Genkopien auf einmal ausgeschaltet, um Pflanzen mit einem höheren Ölsäure-Gehalt zu erzeugen. Solche Eingriffe waren mit konventionellen Methoden bisher kaum bzw. nicht möglich und können zu ganz neuen biologischen Eigenschaften führen. In den USA wurden diese Pflanzen bereits ohne eingehende Risikoprüfung dereguliert.
Die Eigenschaften, die durch CRISPR/Cas verändert werden können, sind vielfältig. Beim Leindotter wurde bisher vor allem die Zusammensetzung der Fettsäuren verändert. Dabei können neben der erwünschten Eigenschaft auch unbeabsichtigte Auswirkungen auf verschiedene Prozesse auftreten, zum Beispiel bei der Bildung von bestimmten Botenstoffen, mit denen Pflanzen kommunizieren und mit denen sie z.B. einen Schädlingsbefall anzeigen und davor „warnen“. Eine veränderte Zusammensetzung von Fettsäuren kann auch in bestehende Nahrungsnetze eingreifen und sie verändern. Es besteht außerdem die Möglichkeit, dass sich die genomeditierten Pflanzen mit Wildarten kreuzen und es zu unbeabsichtigten Effekten in nachfolgenden Generationen kommt. Der genomeditierte Leindotter könnte auch in der Umwelt persistieren und sich unkontrolliert ausbreiten.
Auch aus einer aktuellen Stellungnahme der EFSA geht hervor, dass Pflanzen, bei denen mit Hilfe von CRISPR/Cas komplexe Veränderungen im Erbgut herbeigeführt wurden, selbst dann auf Risiken untersucht werden müssen, wenn keine zusätzlichen Gene eingefügt werden
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