Studie zeigt Risiko einer invasiven Ausbreitung im Zentrum der biologischen Vielfalt
11. Februar 2021 / Schon seit einigen Jahren ist bekannt, dass sich in Mexiko gentechnisch veränderte Baumwolle unkontrolliert in Populationen von wilder Baumwolle ausbreitet. Daraus entstehende Nachkommen sind oft transgen und produzieren folglich Insektengifte oder sind resistent gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. In einer jüngst veröffentlichten Untersuchung der Folgen für die Ökosysteme zeigte sich jetzt, dass die Interaktionen zwischen den transgenen Nachkommen und ihrer Umwelt gestört sind. Dies kann u.a. erhebliche Auswirkungen auf den Erhalt der wilden Baumwollarten haben. Mexiko ist eines der Zentren der biologischen Vielfalt von Baumwolle.
Baumwollpflanzen produzieren natürlicherweise an ihrer Oberfläche eine Art Nektar. Werden die Pflanzen von Fraßinsekten befallen, produzieren sie mehr Nektar und locken so räuberische Arten von Ameisen an. In der Studie zeigte sich, dass die Menge dieses Nektars bei den hybriden Nachkommen der Gentechnik-Pflanzen deutlich verändert ist.
Untersucht wurden beide Typen transgener Nachkommen von Baumwollpflanzen: Jene, die eine Resistenz gegen das Herbizid Glyphosat aufweisen und jene, die Insektengifte (Bt-Toxine) produzieren. Im Vergleich zu den wilden Baumwollpflanzen zeigten sich deutliche Unterschiede: Bei den wilden Baumwollarten veränderte sich sowohl die Nektarmenge als auch die Zusammensetzung der Ameisenpopulationen, wenn diese durch Schadinsekten befallen wurden. Bei den Pflanzen, die die zusätzlichen Genkonstrukte in sich trugen, zeigten sich diese Reaktionen auf den Befall durch Schädlinge nicht. Vielmehr war die Menge des Nektars bei der herbizidresistenten Baumwolle dauerhaft verringert, bei der Bt-Baumwolle war sie permanent erhöht.
Daraus ergaben sich auch Unterschiede in den Ameisenpopulationen: In den natürlichen Baumwollpflanzen waren generell mehr Ameisen zu finden. Auch die Zusammensetzung der Ameisenarten war betroffen: Spezielle Ameisenarten, die nützlich für die Abwehr von Schadinsekten sind, waren bei Baumwolle mit eingekreuzter Herbizidresistenz seltener zu finden, während sie bei Baumwolle mit Bt-Genen häufiger waren.
Da Ameisen für die Kontrolle der Schädlinge und auch für die Verbreitung der Baumwollsamen wichtig sind, können diese gestörten Interaktionen zwischen den transgenen Pflanzen und ihrer Umwelt erhebliche Langzeitfolgen haben: So könnte eine höhere Produktion des Pflanzennektars dazu führen, dass die Nachkommen der Bt-Baumwolle invasive Eigenschaften erlangen. Dadurch können die wilden Arten verdrängt werden, was zu einem Desaster für das Zentrum der biologischen Vielfalt von Baumwolle führen kann.
Dagegen scheint die herbizidresistente Gentechnik-Baumwolle eher geschwächt: Hier finden sich mehr Schädigungen durch Fraßinsekten. Allerdings gibt es aus Publikationen anderer Forscher Hinweise darauf, dass Pflanzen, die mittels Gentechnik gegen Glyphosat resistent gemacht wurden, weitere unbeabsichtigte Effekte zeigen: Die zusätzlich in den Pflanzen gebildeten Enzyme sorgen dafür, dass diese stärker wachsen und vermehrt Samen bilden können. Damit hätten diese Pflanzen ebenfalls wichtige Merkmale invasiver Pflanzen erworben. Diese Effekte sollen jetzt in einer nachfolgenden Untersuchung geprüft werden. Die AutorInnen weisen darauf hin, dass sich die Transgene derzeit rasch in den natürlichen Populationen ausbreiten und einige Pflanzen sogar eine Kombination von Genkonstrukten aufweisen. Vor diesem Hintergrund wird dringend empfohlen Maßnahmen zu treffen, um die Zentren der biologischen Vielfalt wirksamer zu schützen.
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Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040