‚Golden Rice‘ für Schädlinge besonders attraktiv?

Mehr Carotine in Gentechnik-Pflanzen vorteilhaft für Fraßinsekten

24. September 2021 / Aktuelle Publikationen zeigen, dass mit zusätzlichen Vitaminen ausgestattete Gentechnik-Pflanzen eine besondere Herausforderung für die Risikoforschung darstellen. Von einem erhöhten Gehalt an Carotinen können auch Fraßinsekten profitieren, die sich von den Pflanzen ernähren. Davon betroffen sein könnte auch der sogenannte ‚Golden Rice‘, der auf den Philippinen angebaut werden soll. Er ist die erste Gentechnik-Pflanze, die in den Anbau kommen soll und zusätzliche Carotine produziert, um die Vitamin-A-Versorgung der KonsumentInnen zu verbessern.

Carotine sind bei Insekten an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt und können sich positiv auf deren Vitalität (u.a. Wachstum und Fortpflanzung) auswirken. In mehreren aktuellen Studien wurde die Überlebensfähigkeit von Fraßinsekten getestet, wenn diese Carotine (bzw. Vitamin A) verabreicht bekommen und gleichzeitig einem Insektengift (Bt) ausgesetzt sind. Dabei zeigten die Insekten in Abhängigkeit von der Art, dem Alter und dem Futter eine erhöhte Widerstandskraft gegen das Bt-Toxin. Es besteht die Gefahr, dass durch den Anbau von mit Carotinen angereicherten Gentechnik-Pflanzen die Ausbreitung von ‚Schadinsekten‘ gefördert wird.

Die vorliegenden Ergebnisse stammen von gentechnisch verändertem Mais, zu Gentechnik-Reis wurden noch keine Daten veröffentlicht. Schon 2018 zeigte sich bei Versuchen mit gentechnisch verändertem Bt-Mais, dass dessen Wirksamkeit bei Raupen des Maiszünslers deutlich reduziert war, wenn diese zusätzlich Carotine aufnahmen. Neuere Untersuchungen demonstrieren, dass die Effekte beim Maiszünsler vom Alter der Raupe abhängen und dass das Carotin u.a. das Wachstum der Insektenlarven beeinflusst. In einer weiteren Studie wirkte sich die Verabreichung von Carotinen (in Form von Vitamin A) und Vitamin C auch positiv auf die Vitalität anderer Fraßinsekten (Eulenfalter und Baumwollkapselwurm) aus: Diese profitierten unter bestimmten Bedingungen ebenfalls von der Aufnahme der Carotine.

Die beteiligten WissenschaftlerInnen aus Spanien betonen, dass die beobachteten Effekte genauer untersucht werden müssen. Laut ihren Daten könnten die Insekten von einer antioxidativen Wirkung der Carotine profitieren und so ihre Stressresistenz und Vitalität erhöhen. Die Carotine scheinen aber auch die Bildung der Wachstumshormone bei Insekten zu beeinflussen.

Anders als der in den Versuchen angebaute Gentechnik-Mais soll der ‚Golden Rice‘ schon bald in den Anbau gelangen. Offensichtlich sind sich auch die EntwicklerInnen des Gentechnik-Reises beim Internationalen Reisforschungsinstitut IRRI der Risiken eines erhöhten Insektenbefalls bewusst, da sie dieses Problem erwähnen. Sie versuchen aber gleichzeitig, die Bedenken der LandwirtInnen zu zerstreuen. Obwohl bisher keine Daten veröffentlicht wurden, bezeichnen sie das Risiko als gering.

Auch mit anderen Risiken gehen die EntwicklerInnen des Gentechnik-Reises bei IRRI fragwürdig um: Beispielsweise betonen sie, dass es zwischen den Reisfeldern nur selten zu einer direkten Genübertragung kommen würde, obwohl bisherige Erfahrungen ein hohes Risiko für die Kontamination anderer Reisfelder zeigen.

Das IRRI scheint zu ignorieren, dass das Risiko einer Kontamination von konventionellen Reisfeldern vor allem vom Genaustausch mit wildem Reis ausgeht. Dieser wächst oft am Rand der Äcker als Unkraut und befördert so als Zwischenglied den Genaustausch zwischen den Feldern. Tatsächlich sind aus den USA und China mehrere Fälle bekannt, in denen konventionell gezüchteter Reis über Jahre hinweg mit Gentechnik-Reis kontaminiert wurde. Dabei war der veränderte Reis bisher nur vorübergehend und nur zu Versuchszwecken angebaut worden.

Damit besteht beim Anbau des sogenannten ‚Goldenen Reises‘ durchaus die Gefahr einer Ausbreitung in andere Reissorten. Dabei könnten auch unerwünschte Eigenschaften wie eine erhöhte Anfälligkeit für Pflanzenschädlinge übertragen werden. Dies würde erhebliche Folgen für das Zentrum der biologischen Vielfalt von Reis auf den Philippinen haben.

Kontakt:
Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org

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