Neue Gentechnik: Risiken unbeabsichtigter genetischer Veränderungen werden ‚übersehen‘

Diskussionspapier der EU-Kommission geleakt

3. April 2023 / Testbiotech kritisiert ein Diskussionspapier des „Service“ der EU-Kommission, das jetzt an die Öffentlichkeit gelangt ist. Darin werden Kriterien vorgeschlagen, die für eine Deregulierung von Pflanzen aus Neuer Gentechnik (NGT) dienen können. Zu diesem Zweck werden Genveränderungen, die durch die Verfahren der NGT verursacht werden, mit bisherigen Verfahren der konventionellen Züchtung und Zufallsmutagenese verglichen.

Das Diskussionspapier kommt zu der Einschätzung, dass beabsichtigte genetische Veränderungen, die bspw. durch die Gen-Schere CRISPR/Cas verursacht werden, sich von denen der konventionellen Zucht unterscheiden können, während dies bei unbeabsichtigten Veränderungen nicht der Fall sei. Die AutorInnen ‚übersehen‘ dabei aber, dass sowohl beabsichtigte als auch unbeabsichtigte genetische Veränderungen bei NGT-Pflanzen (u.a. durch die Gen-Schere CRISPR/Cas) durch dieselben Mechanismen verursacht werden.

Tatsächlich zeigen mehrere Publikationen, dass die NGT-Verfahren auch zu unbeabsichtigten genetischen Veränderungen führen können, die bei konventioneller Züchtung und Zufallsmutagenese nicht zu erwarten sind. Diese Genveränderungen (ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt) sind für die Risikobewertung sehr wichtig: Durch sie können Schäden in der Umwelt und an der Gesundheit ausgelöst werden, die über das hinausgehen, was aus der konventionellen Zucht bekannt ist. Da diese Zusammenhänge im Diskussionspapier nicht erwähnt werden, ist es nicht nur unzureichend, sondern irreführend.

Testbiotech kommt zu dem Schluss, dass auch in Zukunft alle Pflanzen aus Neuer Gentechnik einer verpflichtenden Risikoprüfung unterzogen werden müssen. Diese Risikoprüfung ist unverzichtbar, um festzustellen, welche Genveränderungen durch die NGT-Prozesse verursacht werden und ob sie Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben können.

Zudem warnt Testbiotech davor, dass, falls potentiell gefährliche genetische Veränderungen übersehen werden, sich diese rasch in den Zuchtpopulationen ausbreiten und durch nachfolgende Kreuzungen auch akkumulieren können. Diese Folgen haben das Potential, die Zukunft der Pflanzen- und Tierzucht zu beeinträchtigen und sind eine Gefahr für die Ernährung künftiger Generationen. Testbiotech hat diese Zusammenhänge in einem Brief an die EU-Kommission deutlich gemacht.

Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.org, Tel 0151 54638040

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