Neue Gentechnik: Wie sollen die Umweltrisiken geprüft werden?

Wissenschaftliche Publikation benennt Eckpfeiler

9. Juli 2021 / Eine neue Publikation von ExpertInnen verschiedener Umweltbehörden aus Deutschland, Italien, Österreich, Polen und der Schweiz definiert erste Eckpfeiler für die Risikoprüfung von Pflanzen, die mithilfe der Neuen Gentechnik (Genome Editing) bearbeitet werden. Die AutorInnen zeigen, dass es nicht gerechtfertigt werden kann, nur die Pflanzen auf Risiken zu untersuchen, bei denen zusätzliche Gene eingefügt oder besonders große Abschnitte des Erbguts verändert werden. Vielmehr sind alle Pflanzen aus Neuer Gentechnik einer verpflichtenden Risikoprüfung zu unterziehen.

In diesem Zusammenhang stimmen die AutorInnen nicht mit den Ergebnissen eines aktuellen Berichts der EU-Kommission überein, der nahelegt, dass nur bestimmte Kategorien von Pflanzen aus Neuer Gentechnik einer verpflichtenden Risikoprüfung unterzogen werden müssten. Vielmehr stellen die AutorInnen fest: „Im Hinblick auf das breite Spektrum von Pflanzenarten, gentechnischen Methoden und Eigenschaften, die berücksichtigt werden müssen, gibt es keine standardmäßige Sicherheit für ganze Gruppen von gentechnischen Anwendungen, die unterschiedliche gentechnisch veränderte Organismen umfassen, ohne dass Pflanzen vor ihrer Freisetzung angemessen auf ihre Umweltrisiken überprüft wurden.“

Dabei reicht es nicht aus, nur die beabsichtigten Eigenschaften zu prüfen, auch die ungewollten Veränderungen müssen berücksichtigt werden. Die AutorInnen fassen zusammen: „Wir empfehlen einen Ansatz, der zwei wesentliche Komponenten für die Bewertung der Umweltrisiken umfasst: Der eine betrifft die beabsichtigten per Gentechnik herbeigeführten Eigenschaften. Zum anderen geht es um unbeabsichtigte Effekte, die durch die Methode verursacht werden, wie beispielsweise genetische Veränderungen von Sequenzen, die nicht mit der Zielregion übereinstimmen.“ Die ExpertInnen stimmen auch dabei nicht mit der EU-Kommission überein, die der Ansicht zu sein scheint, dass in vielen Fällen nur die beabsichtigten Veränderungen der Pflanzen untersucht werden müssten.

Ein Beispiel, das die ExpertInnen verwenden, um ihre Position zu begründen, ist ein mit CRISPR/Cas veränderter Weizen. Dieses ist besonders interessant, weil es bereits von der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) diskutiert wurde, auch Testbiotech hat sich damit befasst.

Bei diesem Weizen geht es um eine Gruppe von Gluten-Eiweißstoffen (alpha-Gliadine), die im Verdacht stehen, ein Auslöser für entzündliche Darmkrankheiten zu sein. Diese Gene kommen in einer großen Genfamilie vor, die an verschiedenen Orten im Genom des Weizens zu finden sind. Bisher war es mit konventioneller Züchtung nicht möglich, die große Anzahl an Genen und Genkopien wie gewünscht zu reduzieren. Erst mithilfe der Gen-Schere CRISPR/Cas gelang es erstmals 2018, einen großen Teil der relevanten Gene (35) auszuschalten.

In der Folge entsteht ein einzigartiges Muster genetischer Veränderungen im Erbgut des Weizens. Während einzelne dieser Veränderungen auch zufällig entstehen könnten, ist die spezifische Kombination nur durch Gentechnik zu erreichen. Dadurch kommt es auch zu spezifischen Risiken wie der möglichen Akkumulation neuer, ungewollter Inhaltsstoffe. Beispielsweise können unbeabsichtigte Varianten der Gluten-Eiweiße entstehen, die ihrerseits Entzündungsprozesse auslösen. Ein anderes Risiko betrifft veränderte Interaktionen der Weizenpflanzen mit ihrer Umwelt, wodurch beispielsweise die Entstehung von Pflanzenkrankheiten begünstigt werden kann. Deswegen müssen bei der Risikobewertung auch die unbeabsichtigten Veränderungen sowohl im Erbgut und als auch im Stoffwechsel der Pflanzen eingehend untersucht werden.

Kontakt:
Christoph Then, info@testbiotech.de, Tel 0151 54638040

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