Forschung zeigt Probleme mit dem Nachweis unbeabsichtigter genetischer Veränderungen
13. August 2023 / Eine neue Publikation aus den USA fasst Untersuchungsergebnisse an Zellen von Mensch und Tier zusammen und zeigt, dass der Einsatz der Gen-Schere CRISPR/Cas häufig zu unbeabsichtigten genetischen Veränderungen führt. Die WissenschaftlerInnen heben hervor, dass diese Veränderungen mit den üblichen Nachweisverfahren häufig unentdeckt bleiben. So werden oft nur kurze und einige ausgewählte Genabschnitte untersucht, was nicht ausreichend ist.
Von der Gen-Schere ausgelöste unbeabsichtigte genetische Veränderungen umfassen unter anderem den Verlust von großen und kleinen Abschnitten des Erbguts (Deletionen) und auch lange oder kurze zusätzlich eingefügte DNA-Sequenzen (Insertionen). Unter anderem kommt es auch zum Verlust und der Umorganisation von größeren Abschnitten von Chromosomen.
Um Schäden am Erbgut festzustellen, ist es nach Aussage der AutorInnen in der Regel nicht ausreichend, das Erbgut mit nur einer Methode zu durchsuchen. Stattdessen müssten mehrere Methoden kombiniert werden. Sie warnen davor, dass der Einsatz der Gen-Schere - z.B. im Rahmen einer Gentherapie - zu großen gesundheitlichen Risiken führen kann, wenn unbeabsichtigte Veränderungen im Erbgut übersehen werden.
Unbeabsichtigte genetische Veränderungen, die durch die Neue Gentechnik (NGT) ausgelöst werden, sind im Bereich der Humanmedizin Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen. Doch findet diese Thematik im Bereich der Pflanzenzucht bisher nur wenig Aufmerksamkeit. Das könnte ein Grund sein, warum die EU-Kommission generell davon ausgeht, dass unbeabsichtigte genetische Veränderungen bei NGT-Pflanzen mit keinem besonderen Risiko verbunden seien. Unbeabsichtigte genetischen Veränderungen werden in einem Vorschlag zur künftigen EU-Regulierung der Neuen Gentechnik weitgehend von der Risikoprüfung ausgenommen.
Tatsächlich muss bei Pflanzen von anderen Risiken als bei klinischen Anwendungen an Menschen ausgegangen werden. Doch auch bei NGT-Pflanzen kann ohne eine genaue Prüfung der genetischen Veränderungen keine Aussage über deren Sicherheit gemacht werden. Veränderungen im Erbgut von Pflanzen können vielfältige Auswirkungen auf die Umwelt haben, u.a. auf Insekten, Bodenorganismen und die Nahrungsnetze. Die jeweiligen Folgen hängen dabei von der Funktion der Gene ab, die von den beabsichtigten oder unbeabsichtigten Veränderungen betroffen sind.
Zwar treten Mutationen in vielen Regionen des Genoms von Pflanzen auch natürlicherweise häufig auf. Pflanzen haben eine hohe Flexibilität im Erbgut, um mit Mutationen umzugehen. Doch die Gen-Schere kann auch Genfunktionen verändern, die ansonsten von den Zellen gut geschützt sind. Im Ergebnis unterscheiden sich NGT-Pflanzen oft sehr deutlich von den Pflanzen aus konventioneller Zucht. Wissenschaftlich ist es deshalb nicht von der Hand zu weisen, dass Pflanzen, deren Erbgut mit Neuer Gentechnik verändert wurde, erst genau untersucht werden müssen, bevor deren Sicherheit beurteilt werden kann. Daher ist eine verpflichtende Risikoprüfung dieser Pflanzen auch in Zukunft notwendig.
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