Wissenschaftliche und rechtliche Voraussetzungen für Anbau und Import fehlen
18. Juli 2016 In einem aktuellen Schreiben an die EU-Kommission weisen mehrere Organisationen zusammen mit Testbiotech darauf hin, dass es keine ausreichende wissenschaftliche und rechtliche Grundlage für die Zulassung weiterer Gentechnik-Soja gibt, die gegen Glyphosat und andere Herbizide resistent gemacht wurde. Zudem macht das Schreiben klar, dass sich die Umstände für den Anbau von Gentechnik-Mais grundlegend verändert haben: In der EU breiten sich neue Pflanzenarten aus, die sich mit dem Mais kreuzen und dadurch auch gentechnisch veränderte Erbanlagen in der Umwelt verbreiten können. Die Organisationen fordern daher, dass die EU-Kommission das Vorsorgeprinzip stärkt und dem Schutz von Gesundheit und Umwelt mehr Gewicht einräumt als den Interessen der Industrie. Die Konzerne machen hinter den Kulissen schon seit Monaten erheblichen Druck, um neue Zulassungen durchzusetzen.
Probleme mit der Zulassung von neuer Gentechnik-Soja
In den gentechnisch veränderten Sojabohnen, die derzeit auf eine Zulassung zum Import warten, finden sich Rückstände von Glyphosatmischungen und anderen Spritzmitteln, die beim Anbau der Gentechnik-Soja in Argentinien, Brasilien und den USA eingesetzt werden. Diese Herbizidmischungen enthalten weitere Chemikalien wie Tallowamine, die wesentlich giftiger als Glyphosat selbst sind und zum Teil in der EU bereits verboten wurden. Die Rückstände der Herbizidmischungen, die in Nord- und Südamerika erlaubt sind, wurden in der EU nie auf ihre gesundheitlichen Risiken hin untersucht. Diese Lücke in der Risikobewertung wurde im Februar 2016 erstmals in einem Schreiben der EU-Kommission an die EU-Lebensmittelbehörde EFSA zugegeben. Die Lücke existiert auch, nachdem die Zulassung für den Wirkstoff Glyphosat in der EU verlängert wurde.
Zudem besteht bei den Pflanzen, die gleichzeitig mit anderen Spritzmitteln wie Dicamba und Isoxaflutol gespritzt werden können, die Gefahr von Wechselwirkungen zwischen den Rückständen der Spritzmittel, die deren Giftigkeit verstärken können. Diese Wechselwirkungen wurden ebenfalls nicht untersucht, obwohl der Wirkstoff Isoxaflutol als wahrscheinlich krebserregend klassifiziert ist.
Nachdem Testbiotech und andere Institutionen aktiv geworden sind, kam es zu einem Aufschub der Zulassungen. Nach der erneuten Genehmigung von Glyphosat ist zu befürchten, dass die Kommission jetzt auch für die Gentechnik-Soja grünes Licht geben will.
Anbau von Gentechnik-Mais auf der Kippe
Der Anbau von Gentechnik-Mais in der EU steht auf der Kippe, weil sich in Spanien, dem Land, das derzeit die größten Flächen mit Gentechnik-Mais bebaut, Teosinte ausbreitet. Teosinte ist die wilde Urform des Mais und stammt aus Mexiko. Die Pflanzen können sich mit Mais kreuzen und dabei genetische Informationen austauschen. Auf diese Weise können sich auch die Gene des gentechnisch veränderten Mais unkontrolliert in der Umwelt ausbreiten. Die ersten Teosinte-Pflanzen wurden schon 2009 in Spanien gesichtet. Bisher waren alle Maßnahmen, die darauf abzielten, eine weitere Ausbreitung von Teosinte zu verhindern, erfolglos. Auch in Frankreich wurde schon über das Vorkommen von Teosinte berichtet.
Eine wesentliche Zulassungsvoraussetzung für den Anbau von Gentechnik-Mais in der EU ist, dass es hier keine verwandten Pflanzenarten gibt – was nach dem Aufkommen von Teosinte nicht mehr behauptet werden kann. In der Konsequenz gibt es für den Anbau von Gentechnik-Mais in der EU daher keine Grundlage mehr. Nachdem Monsanto das Problem jahrelang verschwiegen hatte, informierten Nichtregierungsorganisationen im Februar 2016 die EU-Kommission. Diese beauftragte daraufhin die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA mit der Auswertung der vorliegenden Daten.
Am 8. Juli 2016 diskutierten die EU-Mitgliedsländer über neue Anbauzulassungen der Gentechnik-Mais-Varianten 1507 und Bt11 sowie über eine Verlängerung der Zulassung für den Mais MON810. In dem Brief an die EU-Kommission warnen die Organisationen davor, diese Maispflanzen in der EU anzubauen, weil die Teosinte so die Möglichkeit zur Produktion von Insektengiftproduktion erwerben könnte und damit zu einem erheblichen Risiko für Landwirte und die Umwelt würde.
Vor diesem Hintergrund startet Testbiotech heute auch eine neue E-Mail-Aktion, die sich an die EU-Kommission richtet.